Schatzkiste an äußerst detailierten Fossilien freigelegt

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Ein Team von Wissenschaftlern der Universität Uppsala, Schweden, hat eine bislang verborgene Vielfalt an Mikrofossilien, die in Gestein an der Nordspitze Grönlands schlummerte, enthüllt. Die mikroskopisch kleinen Fossilien sind über eine halbe MIlliarde Jahre alt.

Die “kambrische Explosion” der Differenziertheit der Tiere begann vor etwa 541 Millionen Jahren und stellt eine entscheidende Episode in der Geschichte des Lebens dar. Es war die Zeit, in der der Ozean erstmals von tierischem Leben wimmelte und das erste unverkennbare moderne Ökosystem begann, Formen anzunehmen.

Gängige Berichte über diese Explosion in der Tiervielfalt beruhen stark auf Aufzeichnungen aus versteinerten Schalen und anderen Hartteilen, da diese Strukturen am ehesten fossil erhalten bleiben. Da jedoch die meisten Meereslebewesen Weichkörper aufweisen, repräsentieren diese Fossilien lediglich einen Bruchteil der gesamten Vielfalt.

Wenige Stätten außergewöhnlicher Fossilerhaltung, wie z.B. die weltbekannte Burgess Shale Fossillagerstätte in Kanada, haben das paläontologische Verständnis des weichteiligen kambrischen Lebens revolutioniert.  Wegen der speziellen Fossilisationsbedingungen an diesen Orten wurden auch Organismen, die keine harten mineralischen Schalen oder Skelette aufwiesen, erhalten und konserviert. Solche Stätten bieten einen einzigartigen Einblick in die wahre Diversität der Ur-Ozeane, die mit einem umwerfenden Spektrum an weichen, schwammigen und räuberischen Würmern und Arthropoden (die Gruppe die auch moderne Schalentiere und Insekten beherbergt) erfüllt waren.

Eine der ältesten dieser wirklich außergewöhnlichen Fossil-Goldgruben ist die Sirius-Passet-Faunengemeinschaft, auf Pearyland, im äußersten Norden Grönlands. Bedauerlicherweise sind die Gesteine dieser Faunengemeinschaft während ihrer langen Geschichte aufgeheizt und regelrecht gebacken worden, als der nördliche Rand Grönlands mit diversen tektonischen Platten zusammenstieß und die Gesteine sind dabei sehr tief versenkt worden.
Dieses ganze Aufheizen führte vor allem dazu, dass die empfindlichen organischen Überreste der Weichtiere regelrecht verkocht wurden und lediglich einen schwachen Abdruck ihrer Überreste zurückließen.

Doch unweit des südlichen Randes des Sirius-Passet entgingen die Gesteinen den schlimmsten Auswirkungen dieser Aufheizung. Ein Team von Paläontologen der Universität Uppsala (Ben Slater, Sebastian Willman, Graham Budd und John Peel) nutzte eine gering-invasive Säure-Extraktionsprozedur um einige dieser wenig überprägten Sedimentgesteine aufzulösen. Zu ihrem Erstaunen enthüllte diese simple Aufbereitungstechnik einen Reichtum an zuvor gänzlich unbekannten Mikrofossilien, die unglaublich detailiert im Gestein erhalten geblieben waren.

Die meisten der Fossilien waren weniger als einen Millimeter groß und mussten unter einem Mikroskop betrachtet werden.
Fossilien des nahegelegenen Sirius Passet stellen typischerweise wesentlich größere Tiere dar, daher füllen die neuen Funde eine wichtige Lücke in unserer Erkenntnis der kleinformatigen Tiere, die möglicherweise die Mehrzahl des damaligen Ökosystems ausmachten.

Unter den Entdeckungen waren die winzigen Wirbelsäulen und Zähne von Priapswürmern – kleine hakenförmige Strukturen, die es den Würmern ermöglichte sich durch das Sediment zu wühlen und Beute zu fangen. Andere Funde enthalten die zähen Außenhäute und Verteidigungsstacheln von diversen Arthropoden und, was vielleicht am überraschensten ist, die mikroskopischen Fragmente der ältesten bekannten Pterobranch Hemichordata – eine undefinierte Gruppe röhrenbewohnender Filtrierer, die entfernte Verwandete der Wirbeltiere sind. Diese Gruppe wurde sehr vielfältig nach dem Kambrium und sind unter den häufigsten Fossilfunden aus jüngeren Ablagerungen; sie sind aber vollkommen unbekannt im frühen Kambrium.
Diese neue Quelle an Fossilien wird den Paläontologen auch helfen die berühmte Schwierigkeit der Interpretation der  Fossilien aus dem nahegelegenen Sirius-Passet, wo die geplätteten Fossilien normalerweise zwar komplett sind, aber entscheidende mikroskopische Details vermissen, zu überwinden.

Mikroskopische Fossilien vom südlichen Rand des Sirius-Passet, Grönland. Von links nach rechts: Fragmente der ältesten bekannten Pterobranch Hemichordata; Zähne von Priapswürmen; Oberfläche des Carapax’ eines winzigen Arthropoden. Bildrechte: Slater, Willman, Budd and Peel

Laut Sebastian Willman, Forscher an der Fakultät für Erdwissenschaften an der Universität Uppsala, bedeutet die bloße Fülle an  diesen Miniatur-Tierfossilien, dass wir erst begonnen haben, an der Oberfläche dieser übersehenen Ressource zu kratzen, aber es bereits jetzt klar ist, dass diese Entdeckung helfen wird, die Sichtweise auf die schalenlosen Tiere, die im Kambrium die Ozeane beiedelten, entscheidend zu verändern.

Quelle: off. Pn. der Universität Uppsala
Publikation: Ben J. Slater, Sebastian Willman, Graham E. Budd, John S. Peel. Widespread preservation of small carbonaceous fossils (SCFs) in the early Cambrian of North Greenland. Geology, 2017; DOI: 10.1130/G39788.1

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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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