Neuer Prosauropode aus dem Unterjura von Südafrika

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Bei den ganzen Dinosaurierfunden wundert es noch, wo wir überhaupt noch neue Urzeitkreaturen entdecken können. Im Fall der „neuen“ afrikanischen Sauropodomorphenart Ngwevu intloko musste man lediglich einen älteren Fund genauer betrachten.

Schädel des Ngwevu-intloko-Exemplars BP/1/4779. Der Maßstab beträgt 10 mm.
© 2019 Chapelle et al.

Professor Paul Barrett, seine Doktorandin Kimberley Chapelle und zwei weitere Forscher fanden diese Art, als sie ein angebliches Massospondylus-carinatus-Exemplar aus den Fossiliensammlungen der University of Witwatersrand in Johannesburg genauer unter die Lupe nahmen. Das Exemplar ist ein gut erhaltenes Skelett mit einem erstaunlich vollständigem Schädel. Dass letzterer für einen Massospondylus ungewöhnlich aussah, wurde zuvor durch Verformung während der Fossilisation erklärt, was sich jedoch als falsch herausstellte. Der Schädel weist weder Risse noch einen Verlust seiner Symmetrie, wie sie bei einer Deformation zu erwarten wären auf.

„Dies ist ein neuer Dinosaurier, der sich direkt vor unserer Nase versteckt hat. Das Exemplar war 30 Jahre lang in in den Sammlungen von Johannesburg und viele andere Wissenschaftler haben es bereits begutachtet. Aber sie alle dachten, es sei lediglich ein seltsames Exemplar des Massospondylus.“

erklärte Paul Barrett dem Natural History Museum in South Kensington.

Sie nannten den neuen Fund Ngwevu intloko. Dies bedeutet in der Xhosa-Sprache „grauer Schädel“ und bezieht sich auf den Spitznamen, den das Exemplar zuvor hatte.

Ngwevu intloko war ein zweibeiniger Prosauropode aus dem Unterjura Südafrikas. Mit drei Metern Länge von seiner Schnauze bis zur Schwanzspitze war er kleiner als spätere Sauropoden. Es handelte sich hierbei dennoch um kein Jungtier. Wie eine histologische Untersuchung seiner Knochenstruktur ergab, war das Tier zum Zeitpunkt seines Todes mindestens 10 Jahre alt. Diese Untersuchung half auch dabei, zu erkennen, dass es sich beim Ngwevu nicht einfach nur um einen jungen Massospondylus handelte. Die Forscher verglichen ihn mit drei Exemplaren von Massospondylus verschiedener Altersstufen und fanden heraus, dass sich die morphologischen Unterschiede zwischen Ngwevu und Massospondylus nicht einfach durch Ontogenese erklären ließen.

Taxonomische Position von Ngwevu intloko.
© 2019 Chapelle et al.

Wie aus einer phylogenetischen Analyse hervorgeht, war Ngwevu intloko nicht einmal ein besonders naher Verwandter des Massospondylus carinatus, sondern beispielsweise mit dem näher mit dem chinesischen Lufengosaurus verwandt. Die Analyse unterstützt die Ansicht, dass die Massospondylidae eine monophyletische Familie waren, deren Mitglieder von der Spättrias bis ins frühe Jura von Südafrika, Südamerika und China lebten.

Massospondylus carinatus ist die häufigste Dinosaurierspezies aus dem Unterjura Südafrikas und wurde lange Zeit als einziger Sauropodomorphe seines Habitats angesehen. Man sah es als „Disaster-Taxon“ an, also als ein Taxon, welches als einziges seiner Sorte ein Massenaussterben überlebte und sehr häufig wurde. Detaillierte anatomische Studien zeigten jedoch bereits vor der Beschreibung des Ngwevus, dass viele Exemplare in Wahrheit eigene Spezies waren und Südafrika nach dem Trias-Jura-Massenaussterbeereignis wesentlich artenreicher als gedacht war.

„Diese neue Spezies ist interessant. […] Während wir früher dachten, dass es vielleicht eine Dinosaurierart [in Südafrika zu der Zeit] gab, wissen wir nun, dass in Wahrheit sechs oder sieben sauropodomorphe Dinosaurier in dieser Region lebten, ebenso wie eine Vielzahl Dinosaurier aus anderen, selteneren Gruppen.

Manche dieser Sauropodomorphen waren sehr ähnlich zu Massospondylus, aber einige wahren sehr nahe mit den Vorfahren der echten Sauropoden verwandt, wenn sie nicht selber echte Sauropoden waren.“

sagte Barrett

Ngwevu intloko zeigt die Bedeutung davon, ontogenetische Variation zu verstehen und auch scheinbar gut erforschte Arten genauer zu untersuchen.

Veröffentlichung:

Chapelle KEJ, Barrett PM, Botha J, Choiniere JN. 2019. Ngwevu intloko: a new early sauropodomorph dinosaur from the Lower Jurassic Elliot Formation of South Africa and comments on cranial ontogeny in Massospondylus carinatus. PeerJ 7:e7240 https://doi.org/10.7717/peerj.7240

Weitere Artikel:

https://www.nhm.ac.uk/discover/news/2019/august/new-species-of-early-dinosaur-described-from-south-africa.html

Zitate sind sinngemäß vom Autor übersetzt worden.

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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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