100 Millionen Jahre im Bernstein: Ältester bekannter Schleimpilz entdeckt

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Mit dem Begriff Bernsteineinschlüsse verbinden die meisten Menschen Insekten oder Spinnen, die lebensecht in fossilem Baumharz eingeschlossen sind. Ein internationales Forscherteam aus Paläontologen und Biologen der Universitäten Göttingen und Helsinki sowie des American Museum of Natural History in New York hat nun den bisher ältesten bekannten Schleimpilz entdeckt. Das Fossil ist etwa 100 Millionen Jahre alt und in Bernstein aus Myanmar überliefert. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Scientific Reports erschienen.

Schleimpilze, auch Myxomyceten genannt, gehören zu den sogenannten Amoebozoa. Das sind mikroskopische Organismen, welche die meiste Zeit als einzelne bewegliche Zellen verborgen im Boden oder in verrottendem Holz leben und dort Bakterien fressen. Aber sie können sich zu sehr ästhetischen Fruchtkörpern zusammenschließen, die der Bildung und Verbreitung von Sporen dienen. 

Gruppe von mehreren etwa 2,5 Millimeter großen Fruchtkörpern eines Myxomyceten in ca. 100 Millionen Jahre altem Bernstein aus Myanmar. (Foto: Alexander Schmidt, Georg-August-Universität Göttingen)

Da fossile Schleimpilze äußerst selten sind, ist das Studium ihrer Evolutionsgeschichte sehr schwierig. Bisher existierten lediglich zwei Fossilbelege von Fruchtkörpern, die 35 bis 40 Millionen Jahre alt sind. Die Funde fossiler Myxomyceten sind sehr unwahrscheinlich, da ihre Fruchtkörper äußerst kurzlebig sind. Die Forscher zeigen sich daher beeindruckt von der Verkettung der Umstände, die offenbar zur Erhaltung des aktuell gefundenen Fossils geführt haben: „Die fragilen Fruchtkörper wurden höchstwahrscheinlich von einer Eidechse, die ebenfalls im klebrigen Baumharz gefangen wurde, von der Baumrinde gerissen und schließlich zusammen mit dem Reptil darin eingebettet“, sagt Prof. Dr. Jouko Rikkinen von der Universität Helsinki. Die Eidechse hat die Fruchtkörper in einem relativ frühen Stadium losgelöst, als die Sporen noch nicht freigegeben wurden, was nun ein seltenes Fenster in die Evolutionsgeschichte dieser faszinierenden Organismen öffnet. 

Die Forscher überraschte an dem Fund, dass der Schleimpilz ohne weiteres einer heute noch lebenden Gattung zugeordnet werden kann. „Das Fossil gibt einzigartige Einblicke in die Langlebigkeit ökologischer Anpassungen der Myxomyceten“, erläutert der Paläontologe Prof. Dr. Alexander Schmidt von der Universität Göttingen, leitender Autor der Studie. „Wir interpretieren dies als Beleg starker umweltbedingter Auslese. Offenbar waren Schleimpilze, die sehr kleine Sporen durch den Wind verbreitet haben, im Vorteil“, so Rikkinen. Die Fähigkeit der Schleimpilze, in ihrem Lebenszyklus Dauerstadien auszubilden, die Jahre andauern können, trägt wahrscheinlich ebenfalls zur bemerkenswerten Ähnlichkeit des Fossils mit seinen nächsten heutigen Verwandten bei.


Veröffentlichung: Rikkinen, J., Grimaldi, D. A. & Schmidt, A. R.. Morphological stasis in the first myxomycete from the Mesozoic, and the likely role of cryptobiosis. Scientific Reports (2019). www.nature.com/articles/s41598-019-55622-9

Quelle: off. Pm der Georg-August-Universität Göttingen

Titelbildunterschrift: Bernsteinstück mit Bein einer Eidechse und dem Schleimpilz (Pfeil). (Foto: Alexander Schmidt, Georg-August-Universität Göttingen, Scientific Reports.)


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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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