Forscher rekonstruieren 500 Millionen Jahre der Insektenevolution

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Durch eine Vielzahl von Anpassungen haben Arthropoden, zu denen neben den Insekten auch Spinnen oder Krebstiere gehören, alle wichtigen Ökosysteme der Erde erobert und nehmen eine wichtige Rolle für das ökologische Gleichgewicht unseres Planeten ein. Doch was sind die genetischen Grundlagen für diesen evolutionären Erfolg? Dies hat jetzt ein internationales Forscherteam genauer untersucht und den evolutionären Ursprung wichtiger Anpassungen der letzten 500 Millionen Jahre zurückverfolgt. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift „Genome Biology“ veröffentlicht.

Durch eine Vielzahl von Anpassungen haben Arthropoden, zu denen neben den Insekten auch Spinnen oder Krebstiere gehören, alle wichtigen Ökosysteme der Erde erobert und nehmen eine wichtige Rolle für das ökologische Gleichgewicht unseres Planeten ein. Doch was sind die genetischen Grundlagen für diesen evolutionären Erfolg? Dies hat jetzt ein internationales Forscherteam genauer untersucht und den evolutionären Ursprung wichtiger Anpassungen zurückverfolgt. „Wir konnten zum ersten Mal einen extrem langen Zeitraum mit einer noch nie dagewesenen Auflösung untersuchen. Es war aufregend, die verschiedenen Signale zu entschlüsseln, die der evolutionären Anpassung zugrunde liegen, welche durch Mutationen auf Ebene der Gene sowie auf einer untergeordneten Ebene in Form von Neuanordnung kleinerer Module erfolgt“, betont Elias Dohmen vom Institut für Evolution und Biodiversität der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU), der als Zweitautor die Studie mitverantwortet. Es sei verblüffend zu sehen, wie die Evolution viele Mechanismen nutze, um neue Funktionen, Phänotypen und Morphologien hervorzubringen, nur durch die Reorganisation oder neue Kombinationen von vorhandenem Material.

Arthropoden stellen nicht nur die artenreichste Gruppe von Tieren der Erde dar. Sie nehmen auch eine zentrale Rolle in der Bestäubung und dem Abbau von biologischen Abfallstoffen ein, aber auch bei der Zerstörung von Nutzpflanzen und der Krankheitsübertragung. Die evolutionären Innovationen dieser Gruppe sind ebenso zahlreich wie faszinierend – von furchterregenden Klauen und Stacheln bis hin zu farbenprächtigen Flügeln und anderen Wunderwerken. Die Sequenzierung des Erbguts (Genom) einer Art erlaubt es, die Baupläne dieser Artenvielfalt zu erforschen, welche die Gruppe der Arthropoden einzigartig macht, und nach genetischen Grundlagen für ihren großen evolutionären Erfolg zu suchen. Ein internationales Team von Wissenschaftlern, zu dem auch Forscher der WWU gehören, präsentierte jetzt in der Fachzeitschrift „Genome Biology“ die Ergebnisse eines Pilotprojekts, das den Anfang einer globalen Sequenzierungs-Initiative darstellt.

Die Forscher verglichen die Genome von 76 Arten über 500 Millionen Jahre, um wichtige Veränderungen in den Genomen zu finden, die die Grundlage für den evolutionären Erfolg der Arthropoden bilden. Außerdem sollen die Ergebnisse dabei helfen, neue Lösungsansätze für verschiedene Probleme zu finden, die mit bestimmten Arten dieser Gruppe verbunden sind – zum Beispiel in der Landwirtschaft oder der Medizin. „Dieses Projekt hat eine Fülle von Daten generiert, die in den kommenden Jahren für Biologen extrem nützlich sein werden“, unterstreicht der Erstautor der Untersuchung, Dr. Gregg Thomas von der Indiana University. „Diese Daten ermöglichen es uns zum Beispiel, den Zeitpunkt in der Insektenevolution festzustellen, an dem neue Gen-Funktionen entstanden sind.“

Hintergrund und zukünftige Ziele:

Um die Arthropoden und ihren Einfluss auf Bereiche des menschlichen Lebens besser zu verstehen, wurde 2011 im Baylor College of Medicine in den USA unter der Leitung von Dr. Stephen Richards das Pilotprojekt zur i5k-Initiative gestartet. Die Initiative dient der Sequenzierung und Beschreibung der Genome von 5.000 Insekten- und anderen Arthropoden-Arten. Das Projekt zielt darauf ab, neue Ressourcen zu erschließen, die nötig sind, um die Evolution der Arthropoden und die zugehörigen molekularen Grundlagen zu verstehen.

Effektivere und kosteneffiziente DNA-Sequenzierungstechnologien führen dazu, dass bereits neue Initiativen zur Sequenzierung weiterer Arten auf dem Weg sind. Dazu gehören die „Global Ant Genome Alliance“ und die „Global Invertebrate Genomics Alliance“ sowie das „Darwin Tree of Life Project“, das alle bekannten Tierarten auf den britischen Inseln erfasst. Das globale Netzwerk „Earth BioGenome Project“ (EBP) hat die Sequenzierung der gesamten biologischen Artenvielfalt der Erde zum Ziel. „Der Abschluss des i5k-Pilotprojekts stellt daher einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Entwicklung eines umfassenden Genom-Katalogs des Lebens auf unserem Planeten dar, dem EBP moonshot for Biology“, erklärt Stephen Richards vom Baylor College of Medicine und von der University of California Davis.

Selbst wenn den Wissenschaftlern solche Daten zur Verfügung stehen und in Zukunft alles Leben auf der Erde sequenziert wäre, ist es keine einfache Aufgabe, die genaue Funktion aller Gene vorauszusagen und Veränderungen in den Genomen mit den evolutionären Folgen in Verbindung zu bringen. Häufig entstehen neue Funktionen durch die Neuanordnung schon existierender Gene. Dies unterstreicht die Notwendigkeit zukünftiger Forschung und Untersuchung der Funktion verschiedener Gene.


Veröffentlichung: Thomas et al. (2020) Gene content evolution in the arthropods. Genome Biology. DOI: 10.1186/s13059-019-1925-7

Quelle: off. Pm der Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Titelbildunterschrift: Forscher rekonstruieren 500 Millionen Jahre der Insektenevolution Robert (Ill.: M. Waterhouse, reuse licensed under CC BY 4.0)


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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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