Vulkanausbruch des Okmok Vulkans (Alaska) trägt Mitschuld am Fall der Römischen Republik und des Ägyptisch-Ptolemäischen Königreichs (43BC)

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Mit der Ermordung von Gaius Julius Cäsar durch seinen Sohn Brutus (44 BC) begann laut historischen Überlieferungen der Zerfall der Römischen Republik (der damals anerkannten römischen Staatsform) und im selben Zuge das Ende des Ägyptisch-Ptolemäischen Königreichs. Das Attentat auf den damaligen römischen Staatsmann und Feldherrn zog politische und soziale Unruhen nach sich. Dadurch wurde der Aufstieg des Großrömischen Kaiserreichs, unter der Herrschaft von Gaius Octavius (Augustus) eingeleitet. Aktuelle Klimadaten und schriftliche Überlieferungen aus der damaligen Zeit (43 – 42 BC) belegen, dass die Unruhen im Zusammenhang mit ungewöhnlich schlechten Wetterverhältnissen und einer Senkung der Durchschnittstemperatur um bis zu 7°C stehen. Diese Bedingungen hielten zwei Jahre an und gelten nachweislich als die kältesten zwei Jahre auf der nördlichen Hemisphäre in den letzten 2.500 Jahren. Missernten, Hungersnöte, zivile Unruhen und Krankheitsausbrüche im gesamten Mittelmeerraum waren die Folge.
Die Theorie, dass ein Vulkanausbruch für die radikalen klimatischen Bedingungen verantwortlich sei, fanden Historiker seit jeher nicht abwegig. Allerdings hatte man bisher keine konkreten Beweise für ein vulkanisches Ereignis gefunden, das als Auslöser für diese Klimaveränderungen in Frage gekommen wäre.
Ein Kollektiv von Wissenschaftlern diverser europäischer und amerikanischer Universitäten und Klimaforschungseinrichtungen, unter anderen der
University of Cambridge und dem Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung hat nun einen möglichen Auslöser für die dramatischen Umstände der damaligen Zeit ermittelt.

Eisbohrkerne sprechen für massiven Vulkanausbruch 43 BC

An Hand von Eisbohrkernen, gewonnen in Grönland und der russischen Arktis, können Wissenschaftler Rückschlüsse auf klimatische und atmosphärische Bedingungen in chronologischer Reihenfolge ziehen. Deutlich erkennbar ist der vulkanische Fallout (vulkanische Staubpartikel, die sich über die Atmosphäre und Stratosphäre über weite Teile der Erde verteilen) zweier Ausbrüche um 45 BC und 43 BC. Der Messfehler bei den Eisbohrkernen für den Zeitraum der Antike beträgt weniger als ± 2 Jahre. Diese Fehlerquote konnte man allerdings durch das Synchronisieren der Messdaten mit dem absolut bestimmten Alter von Wachstumsringen von Bäumen (Dendrochronologie) und Klimaproxies in Höhlensedimenten (indirekte Anzeiger für meteorologische Parameter wie z.B. atmosphärische Temperaturen) relativieren.
Für die Forscher ausschlaggebend ist der Wert des nicht aus dem Meersalz stammenden Schwefels (non-sea-salt sulfur – nssS) in den Eisbohrkernen. Diese aus dem vulkanischen Fallout stammenden Schwefelanomalien geben Aufschluss auf zwei unterschiedliche klimarelevante Eruptionen in der Antike. Die erste begann ungefähr im Januar oder Februar 45 BC. Die gemessene Schwefelanomalie erreichte das ursprüngliche Hintergrundniveau am Ende des selbigen Jahres. Es handelte sich dabei um einen relativ intensiven, aber kurzlebigen Vulkanausbruch. Die Wissenschaftler stellten allerdings fest, dass dieses Event auf hohe geografische Breiten begrenzt war. Durch Korrelation mit klimatischen Proxydaten kann man darauf schließen, dass dadurch kein dramatischer Einfluss auf das Klima des Mittelmeerraums entstanden sein konnte. Die zweite Eruption begann im Frühjahr 43 BC und hinterließ eine zwei Jahre lang nachweisbare Schwefelanomalie, mit einem maximalen Peak im Spätherbst 43 BC. Im Frühling 41 BC erreichte der vulkanische Fallout wieder das ursprüngliche Normalniveau. Anhand der Schwefelisotop-Verhältnisse, die in den Eisbohrkernen auf den Beginn der späteren Eruption datiert werden, können die Forscher darauf schließen, dass es sich bei diesem zweiten Event um einen sehr viel massiveren Vulkanausbruch handelte, der Material bis über die Ozonschicht, also in die untere Stratosphäre, beförderte. Solche Ereignisse gehen Hand in Hand mit langlebigen, globalen, klimatischen Effekten.

Vulkanisches Herkunftsgebiet

Um den Vulkan zu finden, der für den Vulkanausbruch 43 BC in Frage käme, vergleicht man gewisse geochemische Parameter (total Alkali/SiO2 bzw. das Verhältnis der Summe der Oxide der alkalischen Elemente (z.B. Na2O, K2O) zu SiO2) der Tephra (pyroklastisches Material, das bei einem Vulkanausbruch effusiv an die Erdoberfläche gebracht wird) und andere Charakteristika (Entstehung der Caldera (diese entsteht durch Einsturz der oberflächennahen Magmakammer eines Vulkans), volcanic explosivity index – VEI) von potenziellen Kandidaten mit den gewonnen Daten aus den Eisbohrkernen. Laut den Ergebnissen der Wissenschaftler spricht alles für einen massiven Vulkanausbruch des Okmok in Alaska (östliche Aleuten). Anhand der Radiokarbondatierung von organischem Material innerhalb der abgelagerten vulkanischen Gesteinsschichten, kommt man auf ein passendes Alter für den Ausbruch des Okmok in Bezug auf die Schwefelanomalien der Eisbohrkerne.

Historische Überlieferungen klimatischer Effekte und Phänomene

Laut schriftlich überlieferten Quellen gab es bereits 44 BC vermehrt ungewöhnliche klimatische Effekte innerhalb des Mittelmeerraums. Diese sind auf den historisch dokumentierten Ausbruch des Etna zurückzuführen. Häufig ist von atmosphärischen Phänomenen die Rede (solare Verdunkelung, Halos, Nebensonne = ein bis zwei Lichtflecke in 22° Abstand zur Sonne, die durch Lichtbrechung durch atmosphärische Eiskristalle entstehen), die die abergläubische Bevölkerung im Zusammenhang mit der Ermordung von Julius Cäsar stellte. Andere Gelehrte sahen die Phänomene als positives Zeichen der Götter, die die Ankunft von Octavian (der erste Kaiser des römischen Reichs) begrüßten. Für die Wissenschaft ist allerdings klar, dass diese Lichteffekte damals sowie heute durch vulkanischen Einfluss in der Atmosphäre entstehen. Die schriftlichen Überlieferungen im Jahre 44 BC findet man nur in Italien und im zentralen Mittelmeerraum. Sowohl die Klimaproxies der nördlichen Hemisphäre, als auch die untersuchten Eisbohrkerne lassen in dieser Zeit keine großräumigen klimatischen Effekte vermuten. Die wahrscheinlichste Ursache dieser atmosphärischen Phänomene stellt der gut dokumentierte Ausbruch des nahegelegenen Etna dar.
In den Jahren 43 BC und 42 BC weisen damalige Schriften auf ungewöhnlich kaltes und feuchtes Wetter hin. Laut Klimamodellen hatte der Ausbruch des Okmok im Frühjahr 43 BC eine Temperaturreduktion zwischen 0,7 und 7,4°C zur Folge, die sich in den darauffolgenden zwei Jahren hauptsächlich auf Südeuropa und Nordafrika auswirkte. Besonders intensiv traf es die Sommer – und Herbstmonate. Veränderungen des regelmäßigen, jährlichen Niederschlags, reduziertes Sonnenlicht und geringere Temperaturen verursachten Missernten, daraus resultierende Hungersnöte und im Zuge dessen Krankheiten und zivile Unruhen in Italien, Griechenland, Ägypten, Mazedonien und den umliegenden Mittelmeerraum.

Aufnahme einer antarktischen Nebensonne, erstellt vom Polar Geophysical Observatory (Franz Josef Land). Photo by Sergey Slepnev, 2007, September
(shorturl.at/mpsyV)

Resümee

Natürliche Katastrophen sind in historischer Hinsicht seit jeher bekannt dafür, ganze Zivilisationen in einen Ausnahmezustand zu versetzen, politische und kulturelle Normen außer Kraft zu setzen und rapide soziale und politische Veränderungen herbeizuführen. Es ist schwer einen direkten kausalen Zusammenhang des Ausbruchs des Okmok und dem Niedergang der Römischen Republik sowie dem Ägyptisch-Ptolemäischen Königreichs herzustellen. Nichtsdestotrotz ist es nur schwer zu verneinen, dass ein klimatisches Extrem, wie das von 43 BC, keinen Einfluss auf das Weltgeschehen hatte. Dabei sind sich historische Schriften und Klimamodellrechnungen einig. Laut den Wissenschaftlern handelt es sich beim Ausbruch des Okmok in Alaska um eines der verheerendsten, klimaverändernden Ereignisse der letzten 2.500 Jahre.

Beteiligt an dieser Studie waren: Joseph R. McConnell, Michael Sigl, Gill Plunkett, Andrea Burke, Woon Mi Kim, Christoph C. Raible, Andrew I. Wilson, Joseph G. Manning, Francis Ludlow, Nathan J. Chellman, Helen M. Innes, Zhen Yang, Jessica F. Larsen, Janet R. Schaefer, Sepp Kipfstuhl, Seyedhamidreza Mojtabavi, Frank Wilhelms, Thomas Opel, Hanno Meyer, and Jørgen Peder Steffensen

University of Cambridge (Großbritannien), University of Bern (Schweiz), Queen’s University Belfast (Großbritannien), University of St Andrews (Großbritannien), University of Oxford (Großbritannien), Yale University (USA), Trinity College, (Irland), University of Alaska Fairbanks (USA), Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (Deutschland), University of Göttingen (Deutschland), University of Copenhagen (Dänemark)

Veröffentlichung: J. R. McConnell et al. (2020): Extreme climate after massive eruption of Alaska’s Okmok volcano in 43 BCE and effects on the late Roman Republic and Ptolemaic Kingdom. PNAS; DOI: 10.1073/pnas.2002722117

Quelle: off. PM des Desert Research Institute

Titelbildunterschrift: Satellitenbild der Okmok Caldera (Alaska) von 2014: shorturl.at/ekwzG

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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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