Der zentrale Teil der Atacama-Wüste gilt als eine der trockensten Regionen der Erde. Dennoch sind dort Mikroorganismen zu finden. Allerdings war bislang unklar, ob diese Einzeller dauerhaft dort leben können oder ob sie etwa vom Wind angeweht wurden und alsbald zugrunde gehen. Umfangreiche Analysen eines internationalen Forschungsteams zeigen nun: Selbst in den trockensten Gebieten der Atacama-Wüste gibt es dauerhaft lebensfähige Mikroorganismen, die nach episodischen Regenfällen regelrecht aufblühen und aktiven Stoffwechsel betreiben.
Der zentrale Teil der Atacama-Wüste in Südamerika gilt als eine der trockensten Regionen der Erde. Mitunter regnet es nur einmal pro Jahrzehnt, im Schnitt sind es weit weniger als 20 mm Niederschlag im Jahr. Infolge der Trockenheit ist der Untergrund ziemlich salzig und enthält kaum Nährstoffe – und dennoch sind darin Mikroorganismen zu finden. Allerdings war bislang unklar, ob diese Einzeller dauerhaft dort leben können oder ob sie etwa vom Wind angeweht wurden und alsbald zugrunde gehen. Umfangreiche Analysen eines internationalen Forschungsteams zeigen nun: Selbst in den trockensten Gebieten der Atacama-Wüste gibt es dauerhaft lebensfähige Mikroorganismen, die nach episodischen Regenfällen regelrecht aufblühen und aktiven Stoffwechsel betreiben. Diese Erkenntnisse haben nicht allein Bedeutung für die Evolution des irdischen Lebens und für die Entwicklung der Erdoberfläche. Sie liefern auch wichtige Hinweise für die Frage, ob auf anderen Himmelskörpern – insbesondere dem Wüstenplanet Mars – Leben möglich ist, schreibt das Team im Fachjournal „PNAS“.
Die Studie stützt sich auf Proben, die zwischen 2015 und 2017 an sechs verschiedenen Orten in der Atacama-Wüste entnommen worden waren. „Wir haben gezielt Lokationen ausgewählt, die von etwas feuchteren Bedingungen an der Küste bis hin zu extremer Trockenheit im Inneren der Atacama führen“, erläutert der Studienleiter Dirk Schulze-Makuch von der TU Berlin. „Diese Veränderung sollte sich in der Lebensfreundlichkeit – wir sagen dazu Habitabilität – und schließlich in der Menge und Diversität der Organismen widerspiegeln.“
Um ein umfassendes Bild zu erhalten, wandten die Forscherinnen und Forscher eine Vielzahl unterschiedlicher Analysemethoden an. Hierbei kamen sowohl die Fähigkeiten verschiedener geowissenschaftlicher Institute im Raum Berlin-Potsdam zusammen als auch die internationaler Partner. Im Einzelnen gehören dazu physiko-chemische Untersuchungen des Bodens sowie molekularbiologische Studien. Hier hat das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam maßgeblich mit Analysen der intrazellulären und extrazellulären DNA beigetragen.
„Auf diese Weise können wir zeigen, welche Mikroorganismen tatsächlich in den verschiedenen Standorten in der Atacama-Wüste leben und vermutlich auch stoffwechselaktiv sind, beziehungsweise welche Organismen nur noch durch ihre nackte DNA im Sediment repräsentiert werden und somit ein Signal aus der Vergangenheit darstellen“, sagt Dirk Wagner, Leiter der GFZ-Sektion Geomikrobiologie und einer der Hauptautoren der Studie. „Weitere Untersuchungen wie zum Beispiel Enzymtests haben gezeigt, dass die mutmaßlich lebenden Mikroorganismen in den meisten Fällen auch tatsächlich aktiven Stoffwechsel betreiben.“
Für die Wissenschaftler ist es nicht allein wichtig, wo es mikrobielles Leben gibt, sondern auch, ob es Änderungen im Lauf der Zeit gibt. Und sie hatten Glück: Kurz vor dem ersten Feldeinsatz im April 2015 hatte es geregnet. Diese Feuchtigkeit hatte einen positiven Einfluss auf das Leben und die Aktivität in der Wüste. Dies lässt sich klar anhand der Proben aus den Folgejahren belegen, die im Februar 2016 und im Januar 2017 entnommen und untersucht wurden.
„Wir können deutlich zeigen, dass einige Zeit nach einem Niederschlagsereignis die Häufigkeit und die biologische Aktivität der Mikroorganismen zurückgeht“, sagt Wagner. Doch die Organismen, es sind überwiegend Bakterien, sterben nicht vollständig ab. Nach Ansicht der Autoren befinden sich vor allem in den tieferen Schichten der Atacama-Wüste Einzeller, die dort seit Jahrmillionen aktive Lebensgemeinschaften bilden und sich evolutionär an die harten Bedingungen angepasst haben.
Die Erkenntnisse aus der südamerikanischen Wüste sind für die Frage nach Leben auf anderen Planeten sehr nützlich, gerade in Bezug auf den Mars. Auch dort war das Klima anfangs feucht, es gab ausgedehnte Gewässer, die Wüstenbildung setzte erst später ein. Heute gibt es dort zwar keinen Regen mehr, doch gelegentlich kommt es zu nächtlichem Schneefall, wodurch tags darauf flüssiges Wasser in die oberflächennahen Schichten gelangt. Weiterhin gibt es Nebel, an manchen Hängen auch salzige Lösungen, die sporadisch herabfließen und so Flüssigkeit zur Verfügung stellen. Allerdings ist die Belastung durch harte Strahlung an der Oberfläche wesentlich größer als auf der Erde. Ausgehend von den Ergebnissen der Studie kommen die Autoren deshalb zu dem Schluss: Wenn früher unter besseren Umweltbedingungen einmal Leben auf dem Mars existiert haben sollte, dann könnte es den Übergang hin zu sehr trockenen Bedingungen gemeistert haben und sich womöglich bis heute in Nischen unter der Oberfläche erhalten haben.
Veröffentlichung: A Transitory Microbial Habitat in the Hyperarid Atacama Desert, Dirk Schulze-Makuch, Dirk Wagner, Samuel Kounaves et al., PNAS, DOI: 10.1073/pnas.1714341115
Quelle: off. Pn des GeoForschungsInstitut Potsdam
Pia Gaupels
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