Die 1978 erstmals beschriebenen geomagnetischen Stöße sind unvorhersehbare Ereignisse, die die Entwicklung des Erdmagnetfeldes abrupt beschleunigen und Vorhersagen über sein Verhalten auf einer mehrjährigen Skala verzerren. Unser Magnetfeld beeinflusst zahlreiche menschliche Aktivitäten, die von der Richtungsbestimmung in Smartphones bis zum Flug von Tiefsatelliten reichen. Daher ist es wichtig, die Entwicklung genau vorauszusagen. Dennoch stellen geomagnetische Stöße seit über vierzig Jahren ein Problem für Geophysiker dar. Geophysiker des CNRS haben diese Stöße nun in einer Computersimulation nachgestellt.
Das Erdmagnetfeld wird durch die Zirkulation von Materie im metallischen Erdkern erzeugt, und zwar durch die Energie, die beim Abkühlen dieses Kerns freigesetzt wird. Die Forscher kennen zwei Arten von Bewegungen, die zwei Arten von Variationen im Magnetfeld verursachen: diejenigen, die aus langsamen Konvektionsbewegungen resultieren und die auf der Skala eines Jahrhunderts gemessen werden können und solche, die aus „schnellen“ elektromagnetischen Wellen resultieren, die auf der Skala einiger Jahre erfasst werden können. Sie vermuteten, dass letztere eine Rolle bei den Ruckbewegungen spielen. Die Wechselwirkung dieser Wellen mit langsamer Konvektion und ihrem Mechanismus der Ausbreitung und Verstärkung war jedoch noch nicht bekannt.
Um dieses Rätsel zu lösen, entwickelte Julien Aubert vom Institut de physique du globe de Paris (CNRS/IPGP/IGN/Université de Paris) zusammen mit einem Kollegen von der Technischen Universität Dänemark (DTU) eine Computersimulation, die den physikalischen Bedingungen unseres Kerns sehr nahe kommt. Die Simulation benötigte umgerechnet 4 Millionen Stunden und wurde dank der Supercomputer von GENCI durchgeführt.
Anschließend konnten die Forscher die Abfolge der Ereignisse reproduzieren, die zu geomagnetischen Stößen führen und die in der Simulation aus hydromagnetischen Wellen im inneren Kern entstehen. Diese Wellen werden fokussiert und verstärkt, wenn sie sich der Kernoberfläche nähern, was zu magnetischen Störungen führt. Diese sind in jeder Hinsicht mit den beobachteten Ruckbewegungen vergleichbar.
Die digitale Reproduktion und das Verständnis dieser Stöße ebnen den Weg für bessere Vorhersagen über das Erdmagnetfeld. Die Identifizierung der Ursache von Magnetfeldschwankungen könnte Geophysikern helfen, die physikalischen Eigenschaften des Erdkerns und des inneren Mantels zu untersuchen.
Finanziert wurde dieses Forschungsprojekt von der Fondation Simone et Cino Del Duca des Institut de France, die die Grundlagenforschung in den Geowissenschaften durch eines ihrer wissenschaftlichen Stipendien unterstützt.
Veröffentlichung: Julien Aubert & Christopher C. Finlay. Geomagnetic jerks and rapid hydromagnetic waves focusing at Earth’s core surface. Nature Geoscience, 2019 DOI: 10.1038/s41561-019-0355-1
Quelle: off. Pm des CNRS
Titelbildunterschrift: Visualisierung des Erdkerninneren, dargestellt durch ein Computersimulationsmodell (Ansicht der Äquatorebene und einer kugelförmigen Oberfläche nahe dem inneren Kern, vom Nordpol aus gesehen). Magnetfeldlinien (in orange) werden durch turbulente Konvektion (in blau und rot) gedehnt. Hydromagnetische Wellen werden vom inneren Kern ausgesandt und breiten sich entlang der Magnetfeldlinien bis zur Kerngrenze aus, wo sie fokussiert werden und zu geomagnetischen Ruckeln führen.
(Ill.: © Aubert et al./IPGP/CNRS Fotobibliothek)

Pia Gaupels



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