Plattentektonik, älter als erwartet

Share Button

Seit der eigentlichen Entdeckung und kontinuierlichen Beschreibung der Plattentektonik in den 60er Jahren steht eine Frage im Raum, die Geologen besonders beschäftigt. Wann begann die globale Plattentektonik, so wie wir sie heute beobachten können und die sowohl das Aussehen der Erdoberfläche als auch den Erdmantel beeinflusst? Wissenschaftler der University of New Curtin von Western Australia haben sich damit genauer auseinandergesetzt und nun möglicherweise eine Antwort gefunden.

Die Wissenschaftler Hamed Gamal El Dien, Luc S. Doucet, J. Brendan Murphy und Zheng-Xiang Li untersuchten dazu archaische bis früh-proterozoische Basalte und Komatiite. Die benötigten Daten bekommen die Forscher aus einer zusammengestellten Datensammlung der Spuren- und Hauptelemente, inklusive REE (Rare Earth Elements) von 3127 basaltischen und 2740 komatiitischen Gesteinen. Unter Komatiite versteht man Gesteine aus dem Erdmantel, die eine überwiegende Zusammensetzung aus mafischen Mineralen wie Pyroxen, Amphibol und Olivin besitzen. Es wurden lediglich Proben verwendet, deren Fundort (Kontinent, Kraton, Formation) und das magmatische Alter bekannt und der dabei auftretende Messfehler weniger als ±100 Millionen Jahre beträgt.

Diese Gesteine entstanden durch das Abkühlen und des daraus folgenden Auskristallisierens von aus dem Erdmantel stammender Gesteinsschmelze. Erstarrt eine solche Schmelze zu einem magmatischen Gestein, wird darin die chemische Zusammensetzung der ursprünglichen Schmelze gespeichert. Durch den Vergleich bestimmter Isotopenverhältnisse und den Verhältnissen von inkompatiblen Spurenelementen zu lithophilen Elementen (Elemente, die bevorzugt in silikatischen Mineralen eingebaut werden) konnte man folgendes erkennen: Vor ungefähr 3.2 Milliarden Jahren gab es eine drastische und globale Veränderung des Gesteinschemismus in den untersuchten Mantelgesteinen.

Jungfräuliche Kruste, abgereicherter Mantel

Man stellt sich die Situation ungefähr so vor: Am Anfang der Erdgeschichte also ungefähr im „Hadäikum“ (4,6 – 4 Milliarden Jahre) begann die Erde eine planetare Differentation durchzumachen. Auch andere Planeten und planetenähnliche Körper im Universum machen auf Grund der großen Masse und der hohen Druck- und Temperaturbedingungen, die im Inneren massereicher Körper herrschen, eine vergleichbare Differentation durch. Vereinfacht gesagt: Schwerere bzw. dichtere Elemente wie Eisen und Nickel reichern sich im Erdkern an, weniger dichte bzw. leichtere Elemente dagegen vermehrt im Erdmantel. Anschließend bildet sich durch magmatische Differentation eine silikatische Erdkruste.

Diese Erdkruste bildet sich durch das Auskristallisieren einer silikatreichen Schmelze. Hier kommen die inkompatiblen Elemente ins Spiel. Diese nennt man deshalb inkompatibel, weil sie durch ihre chemisch-physikalischen Eigenschaften dazu tendieren, bis zum Schluss in einer Gesteinsschmelze zu verbleiben und somit nicht in eine mineralische Phase des Erdmantels eingebaut werden. Dadurch wird der Erdmantel in dieser ersten Phase der Krustenbildung an solchen inkompatiblen Elementen verarmt bzw. abgereichert. Die besagten Elemente finden sich bevorzugt in der Erdkruste wieder. Das können die Forscher nun anhand der Gesteinsproben, die älter als 3.2 Milliarden Jahre sind, bestätigen. Das Isotopenverhältnis von Samarium (Sm) zu Neodymium (Nd) der Proben wird dazu genutzt, um zu bestätigen, dass die Proben tatsächlich vom verarmten Erdmantel stammen und nicht aus einem magmatischen Reservoir innerhalb der Erdkruste.

Letztere könnten Messergebnisse verfälschen. Eine Veränderung dieser Isotopenverhältnisse und die sukzessive, sowie globale Anreicherung an inkompatiblen Elementen der Erdmantelgesteine, die jünger als 3.2 Milliarden Jahre sind, sprechen für den Beginn der Subduktion bzw. des Recyclens terrestrischer Platten. Dieser Prozess ist maßgebend für die moderne Plattentektonik. Die Wissenschaftler haben dadurch eine relativ genaue Zeitangabe, die den Beginn der Plattentektonik markiert. Die Ergebnisse wurden in Nature‘s Scientific Reports veröffentlicht.


Veröffentlichung: Hamed Gamal El Dien, Luc S. Doucet, J. Brendan Murphy & Zheng-Xiang Li (2020): Geochemical evidence for a widespread mantle re-enrichment 3.2 billion years ago: implications for global-scale plate tectonics. Nature; DOI: 10.1038/s41598-020-66324-y

Quelle: off. PM der Curtin University;

Titelbildunterschrift: Wikipedia.de, USGS/USGov, modified by Eurico Zimbres. gemeinfrei.


The following two tabs change content below.

Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert