Vulkanismus als Treiber des Klimas in der „Karnischen Krise“

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Neue Forschungen zur sogenannten „Karnischen Krise“ von einem Team unter Alexander Lukeneder, Paläontologe am Naturhistorischen Museum Wien, zeigen erstaunliche Entwicklungen um einen globalen Klimawandel der Triaszeit auf. Umfangreiche geochemische und geophysikalische Daten entschlüsseln eine der größten Umweltkatastrophen der Erdgeschichte, die „Karnische Krise“. Ein Klimawandel vor 233 Millionen Jahren führt zu einem weltweiten Massensterben in den Meeren des Erdmittelalters. Die spannenden Ergebnisse wurden nun erstmals publiziert.

Die Karnische Krise

Zwei Millionen Jahre (234-232 Millionen Jahre) dauerte die globale „Karnische Krise“ an, deren Auswirkungen in den Gesteinen des Reiflinger Beckens in der Umgebung von Lunz am See überliefert wurden. Gewaltiger Vulkanismus in Kanada und den nördlichen USA führte dort zur Ablagerung einer mehr als tausend Meter dicken Schicht aus Basalt. Der damit verbundene enorme CO2-Ausstoß in die Atmosphäre veränderte das Klima. Die späte Triaszeit war durch ein Treibhausklima mit monsunartigen Niederschlägen geprägt, was zu vermehrtem Schlammeintrag in den Tethys-Ozean führte. Die Riffe erstickten, Karbonat-Plattformen starben ab und am Meeresboden wurde der Sauerstoff knapp, Todeszonen bildeten sich. 


Konservat-Lagerstätten mit besonders guter Erhaltung der eingebetteten Fossilien konnten unter diesen Bedingungen entstehen. Neben Ammoniten, Tintenfischen, Muscheln, Schnecken, Krebsen, Meeresasseln und Borstenwürmern kann man auch ungewöhnlich gut erhaltene und extrem seltene Raritäten wie fliegende Fische, den Quastenflosser Coelocanthus oder den Lungenfisch Tellerodus entdecken. Das Meer des Reiflinger Beckens wurde umringt von ersten Inselgruppen, auf welchen sich unter feuchten und warmen Bedingungen erste Wälder aus Koniferen wie Voltzia bildeten. Die Nähe zu Süßwasser bestätigen auch zusätzlich eingeschwemmte Reste von diversen Landpflanzen und Funde von zahlreichen Blattfußkrebsen der Gattung Euestheria.

Die unter dem Namen „Karnische Krise“ bekannte Phase kann in Österreich lediglich in einer schmalen geologischen Zone beobachtet werden. Sie erstreckt sich vom niederösterreichischen Mödling im Osten bis in die nördliche Steiermark bei Großreifling, also bis in das Gebiet des Natur- und UNESCO Geoparks Steirische Eisenwurzen, im Westen. Die große Diversität der entdeckten Fauna in den Konservat-Lagerstätten um Lunz am See sowie die fantastische Erhaltung erlauben es, die Umwelt der späten Triaszeit zu erforschen und neue Erkenntnisse über Umweltbedingungen, Nahrungsketten und die Räuber-Beute-Verhältnisse dieser Zeit zu gewinnen. Bei winzigen Krebsen beginnend, reichte die Nahrungskette über kleinere Fische bis hin zu räuberischen Tintenfischen und Ammoniten, die wiederum von größeren Raubfischen gejagt wurden. Ichthyosaurier waren die Spitzen-Prädatoren dieses Ökosystems im Reiflinger Becken der späten Triaszeit. 


Moderne Forschung

Ein internationales Team um Alexander Lukeneder vom NHM Wien, Petra Lukeneder (Universität Wien), Reinhard Sachsenhofer (Montanuniversität Leoben), Manuel Rigo (Universität Padua) sowie Guido Roghi (Nationaler Forschungs-Rat Padua) erforschen seit Jahren eine der größten Umweltkatastrophen der Erdgeschichte. Dabei wurden vielfältige Untersuchungen an Gesteinen und Fossilien durchgeführt sowie modernste Analyse-Methoden angewandt. Makrofossilien wie Ammoniten, Tintenfische und Fische wurden ebenso wie auch Vertreter der Flora untersucht. Zusätzlich wurden die Pollen-Vergesellschaftungen und deren Wandel über die Dauer der „Karnischen Krise“ analysiert. Es zeigt sich eine Umstellung von rein marinen Gegebenheiten zu von Süßwasser beeinflussten Bedingungen mit verstärktem Auftreten von Überschwemmungsgebieten und Sumpfland mit Pionier-Vegetation. 

Auf Grundlage von Mikrofossilien und geochemischen sowie geophysikalischen Untersuchungen ergibt sich ein detailliertes Bild der Umwelt vor 233 Millionen Jahren in den österreichischen Kalkalpen. Die revidierte Bestimmung der Ammoniten und die Analyse winziger Zähnchen von Fischen erlauben eine präzise Alterseinstufung. Die Gesteinsabfolgen in den Kalkalpen Österreichs sind mit gleichaltrigen Ablagerungen des gesamten Tethys-Raumes vergleichbar. Der starke Eintrag von CO2 durch Vulkanismus änderte die globale Zusammensetzung der Kohlenstoffisotope. Diese chemische Spur des globalen Treibhausklimas lässt sich auch in den Gesteinen bei Lunz am See nachweisen. 
Geophysikalische Messungen an den unterschiedlichen Gesteinen zeigen eindeutig einen Anstieg strahlender Partikel und der magnetisierbaren Minerale währen der „Karnischen Krise“ sowie eine Änderung in der Zusammensetzung der Tonminerale. Der höhere Anteil dieser Partikel zeigt einen durch vermehrten Niederschlag erhöhten Eintrag von Verwitterungsprodukten und organischen Resten von Landpflanzen vom umgebenden Land in das Meeres-Becken an.

Biomarker – chemische Substanzen im Sediment, die von ehemaligen Organismen stammen – deuten darauf hin, dass in dieser feuchteren Phase die organische Substanz vermehrt von Landpflanzen stammt, also in das Reiflinger Becken eingeschwemmt wurde. Die Umweltbedingungen wandelten sich. Dieser Teil des Tethys-Ozeans wurde abgeschnürt und sauerstoffarme, lebensfeindliche Bedingungen breiteten sich am Meeresboden aus. Das vom Land eingeschwemmte Material veränderte den Wasserchemismus nachhaltig. Schon lange fiel den Geologen die Abfolge von helleren Reiflinger Kalken zu dunklen Göstlinger Kalken auf, die schließlich von fein laminierten Reingrabener Schichten überlagert wurden. Nun kann dieser Wechsel mit den sich ändernden Klimabedingungen erklärt werden. In der Hochphase der „Karnischen Krise“ entstanden die fein geschichteten Reingrabener Schichten mit ihrem ungewöhnlichen Fossilreichtum. Im sauerstofffreien Schlamm gab es keine Aasfresser, welche die abgestorbenen Organismen fressen konnten. Am Meeresboden und im Sediment war nun kein Leben mehr möglich.


Veröffentlichung: Lukeneder, A, Lukeneder P., Sachsenhofer, R., Roghi, G., Rigo. M. 2024. Multi-proxy record of the Austrian Upper Triassic Polzberg Konservat-Lagerstätte in light of the Carnian Pluvial Episode. Nature Research, Scientific Reports. Open Access: https://www.nature.com/articles/s41598-024-60591-9

Titelbildunterschrift: Ökosystem späte Triaszeit (© NHM Wien, A. Lukeneder – 7reasons, M. Harzhauser)

Quelle: off. PM des naturhistorischen Museums Wien


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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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