1,6 Milliarden Jahre alte Zellstrukturen von Rotalgen zeigen, dass sich mehrzelliges Leben wesentlich früher entwickelt haben könnte

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Röntgentomografie eines der Zellröhrchen von Rafatazmia chitrakootensis (Falschfarbenaufnahme).
© Stefan Bengtson, CCAL

Wissenschaftler vom Schwedischen Museum für Naturkunde in Stockholm haben in der 1,6 Milliarden Jahre alten Chitrakoot-Formation in Zentralindien möglicherweise die ältesten Fossilien eukaryotischer Pflanzen entdeckt. Es handelt sich dabei um Rhodophyten (Rotalgen), die somit 400 Millionen Jahre älter als die bisher ältesten Funde von Rotalgen wären. Dies würde bedeuten, dass die Ära des sichtbaren Lebens wesentlich früher begonnen haben könnte, als bisher angenommen wurde.

Die Wissenschaftler in phosphoritisierten Stromatolithen des Tirohan-Dolomits gleich zwei verschiedene Fossilarten die Rotalgen gleichen:
Die einen Zellen sind fadenförmige Röhrchen, die anderen sind lappig und enthalten fleischige Kolonien. Es konnten eindeutige innere Zellstrukturen beobachtet werden, ganze Bündel von gepackten und ausgespreizten Filamenten, typisch für Rhodophyten. Die fadenförmige Art,  Rafatazmia chitrakootensis genannt, zeigt eine uniseriale Reihe großer Zellen und wächst durch weitschweifige Septierung (Kammerung). Des Weiteren zeigen sich im Inneren der Septen zylindrische Stiele, angeheftet an der Zellwand und ins Innere hineinragend, versehen mit einem abgeflachten, rhombischen Objekt. Die Forscher interpretieren diese subzellulären Strukturen aufgrund ihrer Größe als eukaryotische Organellen. Sie vermuten, dass es sich dabei um eine frühe Form von Plastiden (z.B. Chrloroplasten oder Pyrenoide) handelt.

Rafatazmia chitrakootensis.
(A–L) Holotype, NRM X4258. (A) Surface rendering. (B) Volume rendering with rhomboidal disks coloured for visibility. (C) Virtual slice. (D) Surface. (E) Volume. (F–L) Transverse slices (positions indicated in B). (M–O) NRM X5620, surface, volume, slice. (P–R) NRM X5574, surface, volume, slice. Scale bars 50 μm.

 

Die lappige Art, Ramathallus lobatus, ist eine sessile Algenart mit apikalem (spitzenwärtigem) Wuchs, sie bildet bis zu drei Millimeter große Gebilde.

 

Ramathallus lobatus .
(A, B) NRM X5639, reflected light. (C, D) NRM X5643, thin section.

Ramathallus lobatus.
Environmental scanning electron microscopy (ESEM) images, backscatter mode. (A) Globular bodies (gb) within cells. (B) Coarse crystals (cc) and fine crystals (fc) in diagenetically phosphatized cell walls.

“Man kann bei solch altem Material nicht hunderprozentig sicher sein,  da keine DNA mehr nachweisbar ist, aber die Charakteristiken wie Morphologie und Struktur stimmen mit denen von Rhodophyten überein”, so Stefan Bengtson, emeritierter Professor für Paläozoologie am Schwedischen Museum für Naturkunde.

Bengtson und seinen Kollegen könnte somit ein echter Sensationsfund gelungen sein, immerhin könnte es sich um die ältesten bekannten Fossilien von Eukaroyten handeln, des Zelltyps aus dem sich alle Pflanzen und Tiere entwickelt haben.
Nach Ansicht der Wissenschaftler müsste dann der gesamte Zeitplan des Lebens umgeschrieben werden.

Quelle: Stefan Bengtson, Therese Sallstedt, Veneta Belivanova, Martin Whitehouse. Three-dimensional preservation of cellular and subcellular structures suggests 1.6 billion-year-old crown-group red algae. PLOS Biology, 2017; 15 (3): e2000735
DOI: 10.1371/journal.pbio.2000735

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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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