Schon seit einiger Zeit ist der Broome-Sandstein aus der Unterkreide der Dampier-Halbinsel im Westen Australiens unter Freunden der Paläoichnologie bekannt. Bislang wurden aber von der gesamten Ichnofauna der Region nur Bruchteile wissenschaftlich beschrieben. In den vergangenen Jahren führte ein Team von Wissenschaftlern rund um Steven Salisbury von der University of Queensland eine detaillierte Bestandsaufnahme der Spuren durch, deren Ergebnisse vor kurzem im Journal of Vertebrate Palaeontology erschienen sind. Dabei konnte in über 400 Stunden Geländearbeit zwischen 11 und 21 unterschiedlichen Spurentypen unterschieden werden, darunter auch 6 neu beschriebene Ichnotaxa und die möglicherweise größten bekannten Fußabdrücke der Welt. Die Fundstelle ist damit weltweit einzigartig in ihrer Vielfältigkeit und gibt zudem Einblicke in die Faunenzusammensetzung im Unterkreidezeitlichen Australien.
Der Broome-Sandstein stammt aus einem Delta- und küstennahen Flussystem der frühen Unterkreide (Valanginium-Barremium) und gewährt mit seiner einzigartigen Vielfalt an Dinosaurierspuren einen Einblick in einen sonst auf den südlichen Kontinenten schlecht bekannten Abschnitt der Erdgeschichte. Die Fauna wird von Sauropoden dominiert, daneben gibt es verschiedene Ornithopoden und Thyreophora, worin sie an ältere Ökosysteme wie etwa die der Morrison und Lourinha Formationen aus dem Oberen Jura erinnert. Ein Hinweis, dass der Faunenschnitt an der Jura-Kreide-Grenze in Gondwana nicht so stark ausgeprägt war wie auf dem nördlichen Kontinent Laurasia.
Die Existenz von Spurenfossilien in Broome ist schon seit langem bekannt–jedoch nicht aufgrund ihrer wissenschaftlichen Bedeutung, sondern weil sie in der Mythologie der lokalen Ureinwohner eine wichtige Rolle spielen. Dreizehige Fußabdrücke von Theropoden werden einem Schöpferwesen, dem “Emu-Mann” Marala zugeschrieben. Versteinerte Benettitales (dem Ursprung der Bedecktsamer nahestehende, Cycadeenähnliche Pflanzen) interpretiert der Mythos als Abdrücke von dessen Schwanzfedern. Auch in der ersten wissenschaftlichen Publikation über die Fußabdrücke aus dem Jahr 1952 (Glauert 1952) wird auf die Ähnlichkeit der Theropodenfußabdrücke zu jenen von Emus verwiesen. Spätere Studien errichteten für diese das neue Ichnotaxon Megalosauropus broomensis (Colbert & Merrilees 1967) und beschrieben aus dem Broome-Sandstein ebenfalls die damals ersten Sauropodenspuren Australiens (Thulborn 1994) und deren Auswirkungen auf Sedimentstrukturen und Landschaftsform (Thulborn 2012).
Einige der Spurenfossilien gehören zu den bereits bekannten Ichnotaxa Megalosauropus broomensis (Theropoda) and Wintonopus latomorum (Ornithopoda) und möglicherweise Amblydactylus kortmeyeri (Ornithopoda). Salisbury und Kollegen beschreiben zudem 6 neue Ichnotaxa: den Theropoden Yangtzepus clarkei, den Sauropoden Oobardjidama foulkesi, die Ornithopoden Wintonopus middletonae und Walmadanyichnus hunteri und die Stegosaurier Garbina roeorum und Luluichnus mueckei. Außerdem identifizierten sie im Broome-Sandstein 3 weitere Typen von mittelgroßen bis großen Theropoden (Theropoden-Morphotypen A-C), 5 von mittel- bis sehr großen Sauropoden (Sauropoden-Morphotypen A-E) und 2 von Tyreophoren, deren Material für die Beschreibung neuer Taxa noch nicht ausreicht. Zu guter Letzt finden sich noch eine Reihe von Dinosaurierspuren deren taxonomische Einordnung fragwürdig ist.
Besonders auffällig sind die schieren Ausmaße einiger Sauropodenspuren.
Die zu Morphotyp A gehörigen Exemplare haben Fußlängen von einem knappen Meter und mehr, mit einem Durchschnittswert von 137cm. Der größte vollständige Fußabdruck ist mindestens 170cm lang und 125cm breit. Ein weiteres, unvollständiges Exemplar von 140cm Breite misst je nach Interpretation zwischen 175 und 200cm in der Länge. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es sich nicht um sogenannte “Unterprints” handelt, die durch Sedimentdeformation unterhalb des eigentlichen Fußabdrucks entstehen und deren Dimensionen viel größer als der eigentliche Fuß ausfallen können.
Die gigantischen Sauropodenspuren von Broome zeigen keine Hinweise auf Verfälschung ihrer Abmessungen, und dürften damit die tatsächliche Größe ihres Urhebers widerspiegeln. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um die größten bislang wissenschaftlich dokumentierten Fußabdrücke der Welt und die größten Sauropoden Australiens.
Der in der 10 Abdrücke langen, zusammenhängenden Fußspur von Oobardjidama gemessene Abstand zwischen Schulter und Hüfte und sein Verhältnis zur Länge der Fußabdrücke lässt allerdings im Vergleich zu anderen Methoden noch auf eine relativ geringe Körpergröße schließen.
Auch einige andere Taxa der Broome-Fauna scheinen ungewöhnlich groß gewesen zu sein. So erreichen Fußabdrücke des Ornithopoden Walmadanyichnus eine Länge von bis zu 80cm (geschätzte Hüfthöhe bis zu 320cm). Ein 29cm breiter, sehr kurzer, vierfingeriger Handabdruck (Thyreophoren-Morphotyp A) könnte von einen Ankylosaurier mit einer geschätzten Höhe von 2.6m stammen. Schließlich ist ein wahrscheinlich Garbina zuzuordnender Thyreophoren-Fußabdruck 80cm lang und 70cm breit, für den dazugehörigen Stegosaurier wird die gewaltige Höhe von 4.2m veranschlagt.
Artikel:
Salisbury, S. W., Romilio, A., Herne, M. C., Tucker, R. T. and Nair, J. P. 2016. The Dinosaurian Ichnofauna of the Lower Cretaceous (Valanginian–Barremian) Broome Sandstone of the Walmadany Area (James Price Point), Dampier Peninsula, Western Australia. Journal of Vertebrate Paleontology 36 (sup1): 1–152.
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/02724634.2016.1269539
Weitere Quellen:
Colbert, E. H. and Merrilees, D. 1967. Cretaceous dinosaur footprints from Western Australia. Journal of the Royal Society of Western Australia 50 (1): 21–25.
Glauert, L. 1952. Dinosaur footprints near Broome. W Aust Naturalist 3 (4): 82–83.
Thulborn, T., Hamley, T. and Foulkes, P. 1994. Preliminary report on sauropod dinosaur tracks in the Broome Sandstone (Lower Cretaceous) of Western Australia. Gaia (10): 85–94.
Thulborn, T. 2012. Impact of Sauropod Dinosaurs on Lagoonal Substrates in the Broome Sandstone (Lower Cretaceous), Western Australia. PLOS ONE 7 (5): e36208.
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Pia Gaupels
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