Fossile Knochenfische – Evolutionsschub im Mesozoikum

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Knochenfische stellen mit rund 30 000 Arten mehr als die Hälfte aller heutigen Wirbeltierspezies. Die LMU-Wissenschaftlerin Adriana López-Arbarello vom Lehrstuhl für Paläontologie und Geobiologie und dem Geobiocenter der LMU hat gemeinsam mit ihrer argentinischen Kollegin Emilia Sferco den Stammbaum dieser Fische analysiert und neue Einblicke in ihre Evolutionsgeschichte gewonnen. Über die Ergebnisse berichten die Wissenschaftlerinnen im Journal Royal Society Open Science.

Mehr als 99 Prozent der heutigen Knochenfische gehören zu einer einzigen Linie, den sogenannten „echten Knochenfischen“ oder Teleostei. Im Gegensatz dazu bestehen die beiden anderen heute noch existierenden Knochenfisch-Linien, die Ginglymodi und die Halecomorphi, nur noch aus sieben Knochenhecht-Spezies, beziehungsweise sogar nur noch aus einer Art, dem Schlammfisch (Amia calva). Im Mesozoikum dagegen – der Zeit, zu der die Dinosaurier die Erde beherrschten – zeigte sich ein völlig anderes Bild: Zu dieser Zeit waren die Ginglymodi und Halecomorphi besonders artenreich und dominierten die Ozeane und Süßgewässer, während die Teleostei nur eine unter vielen Gruppen waren.

Der Ginglymodi Propterus elongatus im Paläontologischen Museum München (Foto: A. López-Arbarello, LMU)

Diese großen Unterschiede in der Artenzahl machen die Aufklärung der Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den drei Linien sehr schwierig. Fossilien können helfen, die 250 Millionen Jahre zurückreichende Evolutionsgeschichte dieser Fische aufzuklären. „Ein ungewöhnliches Fossil hat deshalb auch den Anstoß zu unserer neuen Studie gegeben“, sagt López-Arbarello. Der 240 Millionen Jahre alte Fisch, der sowohl Merkmale der Ginglymodi als auch der Halecomorphi besitzt, wurde von einem Schweizer Team in einer wichtigen Fundstelle für Meeresfossilien in den Alpen entdeckt. Für die wissenschaftliche Untersuchung wurde dann die Spezialistin aus München hinzuzogen. Wie er in den Stammbaum der Knochenfische einzuordnen ist, untersuchten López-Arbarello und Sferco nun mithilfe des größten bisher verwendeten morphologischen Datensatzes für fossile Knochenfische.

Dabei konnten die Wissenschaftlerinnen nachweisen, dass Ginglymodi und Halecomorphi miteinander enger verwandt sind als mit den Teleostei. Damit bestätigen sie eine bisher unter Paläontologen kontrovers diskutierte These, nach der die beiden ersten Linien in einer gemeinsamen Gruppe zusammengefasst werden können. Zudem zeigte sich, dass alle drei Linien während des Mesozoikums mehrere explosionsartige Evolutionsschübe mit der Neubildung zahlreicher Arten erlebten. Ginglymodi und Halecomorphi zeichneten sich in dieser Zeit nicht nur durch eine enorme Artenzahl, sondern auch durch eine große ökologische und morphologische Diversität aus. Viele der beeindruckendsten Fossilien des Mesozoikums gehören zu einer dieser Linien, etwa Scheenstia maximus, ein nahezu zwei Meter langer Knochenfisch.

Warum die Teleostei im weiteren Verlauf der Evolution so erfolgreich waren und viele neue Strategien etwa zum Nahrungserwerb, zum Manövrieren oder zur Fortpflanzung entwickelten, während die Diversität der anderen Linien immer weiter zurückging, ist noch ungeklärt. „Man kann die Situation vielleicht mit der Evolution der Dinosaurier vergleichen“, sagt López-Arbarello. „Viele erfolgreiche und diverse Dinosauriergruppen sind am Ende des Mesozoikum ausgestorben und nur eine Gruppe, die Vögel, haben überlebt und sich schnell und sehr erfolgreich entwickelt. Wir haben auch für deren Erfolg noch keine ausreichende Erklärung – über die mesozoischen Tiere und ihre Umwelt gibt es noch viel zu lernen.“

Veröffentlichung:
Neopterygian phylogeny: the merger assay
Adriana López-Arbarello and Emilia Sferco
Royal Society Open Science, 2018, DOI: 10.1098/rsos.172337

Quelle: off. Pn der LMU

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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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