Transylvanosaurus platycephalus: neue Dinosaurier-Art in Rumänien entdeckt

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Ein internationales Forscherteam hat im Westen Rumäniens eine bislang unbekannte Dinosaurier-Art entdeckt und nach dem Fundort Transsylvanien benannt: Transylvanosaurus platycephalus lebte vor etwa 70 Millionen Jahren und war ein Pflanzenfresser, wie der Paläontologe Felix Augustin von der Universität Tübingen berichtete. Der Fund wurde nun von der Fachzeitschrift Journal of Vertebrate Paleontology veröffentlicht. An der Studie waren neben Augustin Wissenschaftler der Universität Bukarest und der Universität Zürich beteiligt. 

Transylvanosaurus platycephalus bedeutet übersetzt „breitköpfiges Reptil aus Transsylvanien“. Der bislang unbekannte Dinosaurier war ungefähr zwei Meter lang, ging auf zwei Beinen und gehörte zur Gruppe der sogenannten Rhabdodontiden. In Transsylvanien erreichten sie, wie andere Dinosaurier dort auch, nur eine geringe Körpergröße und sind deshalb als „Zwergsaurier“ bekannt. Die von Transylvanosaurus gefundenen Schädelknochen geben damit weitere Einblicke in die Fauna kurz vor dem Aussterben der Dinosaurier vor 66 Millionen Jahren. „Vermutlich führte ein begrenztes Nah-rungsangebot im damaligen Europa zu einer angepassten Statur“, sagte Augustin. 

Europa war in der Kreidezeit, die vor 145 Millionen Jahren begann und vor 66 Millionen Jahren endete, ein tropischer Archipel. Transylvanosaurus lebte auf einer der vielen Inseln gemeinsam mit anderen Zwergdinosauriern, Krokodilen, Schildkröten und riesigen Flugsauriern, deren Flügel bis zu zehn Meter Spannbreite maßen. „Mit jeder neu entdeckten Art löst sich die weit verbreitete Annahme weiter auf, die Fauna in der Kreidezeit in Europa sei artenarm gewesen“, so Augustin. 

Die Rhabdodontiden stellten zur damaligen Zeit die häufigste Gruppe unter den kleinen bis mittelgroßen Pflanzenfresser Europas dar. Manche Arten, die in derselben Gegend gefunden wurden, hatten deutlich schmalere Schädel als Transylvanosaurus. Im Gebiet des heutigen Frankreichs dagegen lebten seine nächsten Verwandten – eine große Überraschung für die Wissenschaftler. Wie war der Transylvanosaurus auf die „Insel der Zwergsaurier“ im heutigen Transsylvanien gekommen? 

In der Publikation rekonstruieren die Paläontologen Felix Augustin, sein Doktorvater Zoltán Csiki-Sava von der Universität Bukarest, Dylan Bastiaans von der Universität Zürich/ Naturalis-Museum Leiden und der unabhängige Forscher Mihai Dumbravă aus Dorset verschiedene Möglichkeiten. Die ältesten Knochenfunde von Rhabdodontiden stammen aus Osteuropa – von dort könnten sich die Tiere nach Westen ausgebreitet haben, spätere Arten könnten wieder zurückgewandert sein. Durch Schwankungen des Meeresspiegels und tektonische Prozesse sind zwischen den vielen Inseln zeit-weise Landverbindungen entstanden und haben die Ausbreitung begünstigt, vermuten die Wissenschaftler. Außerdem sei anzunehmen, dass fast alle Dinosaurier schwimmen konnten, auch Vertreter des Transylvanosaurus.

„Sie hatten kräftige Beine und einen kräftigen Schwanz. Die meisten Tierarten, insbesondere Reptilien, können von Geburt an schwimmen. Eine zweite Möglichkeit ist, dass sich parallel verschiedene Linien der Art in Ost- und Westeuropa entwickelt haben.”

so Augustin

Welchen Weg die Art Transylvanosaurus über das europäische Archipel genau genommen hat, bleibt vorerst ungeklärt. „Wir haben momentan zu wenige Fundstücke, um diese Fragen zu beantworten“, sagte der Tübinger Paläontologe. Dem Team lagen nur wenige Knochen für die taxonomische Einordnung vor, keiner länger als zwölf Zentimeter: der hintere, untere Teil des Schädels mit dem Hinterhauptloch und zwei Stücke des Stirnbeins. „Auf den Innenseiten der Stirnknochen waren sogar noch die Konturen des Gehirns von Transylvanosaurus zu erkennen“, ergänzte Bastiaans. 

Die Schädelknochen des Transylvanosaurus hatte Zoltán Csikis-Sava und sein Team von der Universität Bukarest bereits im Jahr 2007 in einem Flussbett des Haţeg Beckens in Transsilvanien gefunden. Für die Kreidezeit gilt das Haţeg Becken als einer der wichtigsten Fundorte in Europa. Insge-samt zehn Dinosaurier-Arten wurden dort bereits identifiziert. „Das ist außergewöhnlich. Aber wenn wir was finden, dann nur ganz wenige Knochen – doch auch diese können manchmal erstaunliche Einblicke liefern, wie jetzt bei Transylvanosaurus“, sagte Csiki-Sava. Die Knochen des Transylvanosaurus konnten die Jahrmillionen überdauern, weil sie durch Sedimente in einem Flusslauf geschützt waren – bis ein anderer Fluss sie wieder freispülte. „Wäre der Dinosaurier verendet und ein-fach auf der Erdoberfläche liegen geblieben, hätten die Witterung und Aasfresser bald all seine Knochen zerstört und wir hätten nie von ihm erfahren“, erklärte Augustin abschließend.


Veröffentlichung: Augustin, F., Bastiaans, D., Dumbravă, M. D., Csiki-Sava, Z., A new ornithopod dinosaur, Transyl-vanosaurus platycephalus gen. et sp. nov. (Dinosauria: Ornithischia), from the Late Cretaceous of the Haţeg Basin, Romania, Journal of Vertebrate Paleontology, 27.10. 2022, e2133610

Titelbildunterschrift: Bewohner der „Insel der Zwerg-Dinosaurier“ im heutigen Transsylvanien in der Kreidezeit: Transylvanosaurus (vorne rechts), sowie Schildkröten, Krokodile, riesige Flugsaurier und andere Zwerg-Dinosaurier.

Quelle: off. PM der Eberhard Karls Universität Tübingen


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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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