Auf die Struktur kommt es an

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Sie gehören zu den ältesten Organismen der Erde und spielen eine wichtige Rolle in vielen Ökosystemen der Erde. Dennoch ist es nach wie vor schwierig, Fossilien zweifelsfrei als Blaualgen zu identifizieren. Grund dafür ist ihre unauffällige Karbonathülle. Ein Masterstudent der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hat nun eine Methode entwickelt, die bei der Zuordnung helfen kann.

Die meisten Organismen, die einst auf der Erde gelebt haben, sind ausgestorben. Nicht nur einzelne Arten, sondern ganze Artenfamilien und übergeordnete Gruppen von Spezies sind für immer verschwunden und hinterlassen oft nur sehr wenige Informationen über ihr Leben und ihre Biologie. Gerade aus der Zeit, in der sich viele Organismengruppen entwickelten, finden Forscher rätselhafte Fossilien, die sie bisher keiner bekannten Gruppe zuordnen können. Solche mikroskopische Organismen werden daher oft als Blaualgen eingestuft, da sie oberflächlich den mikroskopischen Calciumcarbonathüllen der Algen ähneln. Blaualgen sind einer der ältesten Organismen auf der Erde und spielen eine wichtige Rolle in vielen Meeres- und Landökosystemen, zum Beispiel durch von ihnen intensiv geführte Photosynthese oder als Nahrung für viele Tiere. Trotz ihrer Bedeutung ist nur wenig über ihre Entwicklung bekannt, da ihre Fossilien fast konturlose Röhren oder Blasen aus Karbonat sind. Daher war es für Forscher bisher sehr schwierig zu bestimmen, ob Fossilien Blaualgen oder doch einer ganz anderen Gruppe von Organismen angehörten.

Die Abbildung zeigt einen Dünnschliff eines fossilen Organismus, der noch keiner Art eindeutig zugeordnet werden konnte. Die FAU-Wissenschaftler haben die Probe mit einer materialwissenschaftlichen Methode untersucht: Die bunten Felder sind einzelne Kristalle, die Farbe zeigt ihre krystallographische Orientierung. (Bild: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/feart.2018.00016/abstract)

Jan-Filip Päßler, Masterstudent der Paläobiologie an der FAU, hat in Zusammenarbeit mit einem Forscherteam der FAU anhand einer materialwissenschaftlichen Methode fossile Strukturen kristallographisch untersucht. Päßler verglich Karbonatfossilien, sogenannte Trilobiten, mit zwei Mikrofossilien, die noch nicht zugeordnet werden konnten, die aber vor rund 400 Millionen Jahren in den Ozeanen extrem häufig vorkamen. Er nutzte dafür die Beobachtung, dass biologisch geformte Karbonatstrukturen eine sehr spezifische Anordnung aufweisen und dass Organismen ihre Skelette unterschiedliche bilden – und diese Unterschiede sich darin zeigen, wie Kristalle im Carbonat angeordnet sind. So konnten die Forscher nicht nur die Richtung des Kristallwachstums messen, sondern auch Fehlbildungen zwischen den benachbarten Kristallen. Das Ergebnis: In Blau-grünen Algen sind die Kristalle wenig strukturiert angeordnet mit vielen Fehlbildungen. Trilobiten hingegen verfügen über eine geordnete Struktur mit wenigen Fehlern. „Unser Ansatz kann zukünftig angewendet werden, um die biologische Verwandtschaft vieler weiterer mysteriöser Fossilien in der Erdgeschichte zu klären“, sagt Päßlers Betreuerin Dr. Emilia Jarochowska.

Veröffentlichung:

Päßler J-F, Jarochowska E, Bestmann M and Munnecke A. (2018) Distinguishing Biologically Controlled Calcareous Biomineralization in Fossil Organisms Using Electron Backscatter Diffraction (EBSD). Front. Earth Sci. | doi: 10.3389/feart.2018.00016 https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/feart.2018.00016/abstract

Quelle: off. Pn der FAU

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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Ein Kommentar

  1. Deswegen bilden Viren auch definitionsgemäß keinen Organismus und sind nicht einmal Leben. Einzelne Körperzellen wie Hautzellen des menschen bilden ebenfalls keinen Organismus, da sie nie die Fähigkeit zur Fortpflanzung haben, auch wenn sie die anderen beiden Faktoren erfüllen. Da ich bisher niemanden kenne, der ernsthaft bestreitet, daß ein 3jähriges Kind ein menschlicher Organismus ist, auch wenn in dem Alter die Fortpflanzung unmöglich ist, geht es hier um die Potenz zur Fortpflanzung, also die spätere Möglichkeit. Die ist bei Hautzellen nie gegeben, daher bilden sie keinen keinen Organismus.

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