Erster fossiler Nachweis für Orchideen bestäubende Käfer

Share Button

Zu den populärsten Formen zwischenartlicher Interaktionen dürfte die Bestäubung von Blütenpflanzen durch Insekten und andere Tiere gehören. Zwar haben sich die Angiospermen (“Bedecktsamer”), zu denen auch Blütenpflanzen gehören, erst im Lauf der Kreide großflächig ausgebreitet, doch gab es wohl davor schon bestäubende Insekten. Diese haben allerdings nicht wie die heutigen Schmetterlinge und Bienen Blütenpflanzen aufgesucht, sondern die deutlich häufigeren Gymnospermen (“Nacktsamer”).

Man kann zwar anhand der Morphologien fossiler Pflanzen und Insekten auf das Stattfinden einer Fremdbestäubung durch Tiere schließen, ein direkter Beleg ist das allerdings nicht. Es sei denn, man findet z.B. fossile Insekten, die ihr Pollenpaket noch am Körper geheftet haben. Derartige Insekten hat sich auch George Poinar Jr. angesehen. Und wie soll es bei gut erhaltenen Insekten anders sein, sind diese in Bernstein erhalten.

Zwei rezente Bockkäfer auf einer Blütenpflanze.

Zwei rezente Bockkäfer auf einer Blütenpflanze.

Die beiden von Poinar untersuchten Fossilien stammen aus Mittelamerika. Der erste Bernstein wurde in einer Mine in der Dominikanischen Republik innerhalb der El Mamey Formation gefunden und hat ein allgemein känozoisches Alter. Die Datierungen schwanken dabei zwischen 40 und 15 Mio. Jahren (Eozän bis Miozän). Der zweite Bernstein stammt aus dem mexikanischen Bundesstaat Chiapas im Bereich der Balumtun Sandstein (unteres Miozän) und La Quinta Formation (oberes Oligozän) und hat demnach ein Alter von 22,5 bis 26 Mio. Jahre. Beiden Bernsteinen ist gemein, dass in ihnen jeweils die Überreste eines Käfers eingeschlossen sind, an dessen Körper ein Pollenpaket einer Orchidee angeheftet ist.

Der Käfer im dominikanischen Bernstein ist ein Rüsselkäfer aus dem im Tribus Cryptorhynchini, welche im damaligen Waldgebiet recht häufig waren. Das Pollenpaket sitzt am vorderen Pronotum (“Vorderbrust”) des Rüsselkäfers und wird von Poinar als neue Gattung und Art Cylindrocites browni (Tribus Spiranthini) beschrieben. Der mexikanische Bernstein enthält den Käfer Ptilodactyla (Ptilodactylinae), das Pollenpaket befindet sich hier an den Mundwerkzeugen des Käfers und gehört der neuen Orchidee Annulites mexicana (Tribus Cranichideae).

Heutige Orchideen werden von einer Vielzahl von Käfer-Arten aufgesucht. Sei es als Nahrungsmittel, zur Aufzucht der Larven oder weil die Käfer von der Pflanze durch Duftstoffe oder Nektar angelockt werden. Auch wenn rezente Orchideen wie viele andere Pflanzen Käfer und andere Insekten zum Transport ihrer Pollen nutzen, sind die von Poinar bearbeiteten Bernsteine der erste fossile Beleg für diese Orchideen-Käfer Beziehnung. Gleichzeitig könnten Poinars Ergebnisse auch für die Erforschung heutiger Wechselbeziehungen wichtig sein. So sind rezent keine cryptorhynchinen Rüsselkäfer bekannt, die die Blüten von Orchideen anfliegen. Da das aber zumindest zu Zeiten des dominikanischen Bernsteins der Fall war, liese sich spekulieren, ob diese Verhaltensweisen bei den heutigen Arten einfach noch nicht beobachtet wurden.

 

Näheres hier: George Poinar Jr. (2016), “Beetles with Orchid Pollinaria in Dominican and Mexican Amber“, American Entomologist, Entomological Society of America, 62 (3), 172-177 ae.oxfordjournals.org/content/62/3/172

Creative Commons Lizenzvertrag
Dieser Artikel ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz.


GeoHorizon ist ein Informationsportal, das aktuelle Meldungen aus den Fachgebieten der Geowissenschaften veröffentlicht. Wir richten uns an Experten und Laien, die von Geologie fasziniert sind, und möchten das nötige Hintergrundwissen jedermann zugänglich machen.

Folgt uns auf Facebook

Anzeige

Anzeige
The following two tabs change content below.

Pascal Abel

Pascal Abel, Jahrgang 1994, hat an der Uni Erlangen Geowissenschaften mit den Vertiefungen Paläobiologie und Angewandter Sedimentologie studiert. Derzeit arbeitet er als Doktorand am SHEP Tübingen über die Schädelevolution von Landwirbeltieren. Nebenbei beschäftigt er sich auch mit ausgestorbenen Meeresreptilien und allgemein palökologischen Themen.

Über Pascal Abel

Pascal Abel, Jahrgang 1994, hat an der Uni Erlangen Geowissenschaften mit den Vertiefungen Paläobiologie und Angewandter Sedimentologie studiert. Derzeit arbeitet er als Doktorand am SHEP Tübingen über die Schädelevolution von Landwirbeltieren. Nebenbei beschäftigt er sich auch mit ausgestorbenen Meeresreptilien und allgemein palökologischen Themen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert