
In jüngerer Vergangenheit häuften sich Fossilfunde von Organismen, die vor mehr als 3 Milliarden Jahren (!) im tiefsten Archaikum die Urmeere bevölkerten. Bis heute kann sich das niemand die Existenz solcher Lebewesen erklären; ihre Entstehung stellt noch immer eines der größten Paradoxa der Erdgeschichte dar.
Um das Leben von Organismen – einzellige Bakterien eingeschlossen – im Meer zu ermöglichen, bedarf es einer stetigen Versorgung mit Phosphor. „Diese ist aber extrem kompliziert nachzuweisen, es sei denn, der Phosphor wurde von Kontinenten erodiert“, meint Aaron Satkoski, ein Wissenschaftler des Geowissenschaftlichen Departments an der Universität Wisconsin-Madison. „Das macht uns die Erklärung, warum wir ein Fossil aus einer solch frühen Ära vor uns haben, sehr schwer.“
Veraltet scheint nun die Annahme der Geologie, im weltumspannenden Meer des Archaikums existierten – wenn überhaupt – nur sehr geringe Mengen kontinentalen Gesteins oberhalb des Meeresspiegels. „Seit den 60’er Jahren lehrten diverse Fachbücher, dass die Landmasse keineswegs ausreichte, um die Ozeanchemie nachhaltig zu beeinflussen. Daten aus jener Zeit, die diese These untermauert hätten, gab es jedoch nicht.“ Die Entdeckung 3 Milliarden Jahre alter Bakterien habe das Bild nun geändert, sagt Satkoski. „Wenn wir Leben im Meer nachweisen können, muss auch eine gewisse Kontinentalverwitterung stattgefunden haben, um Phosphor in die Gewässer einzutragen und so den Organismen das Leben zu ermöglichen.“
Heutzutage spielen vor Allem Hydrothermale Lösungen (durch Gestein zirkulierendes Wasser) und Oberflächenverwitterung eine große Rolle in der Ozeanchemie. Um nun alle Einflüsse vor 3,26 Milliarden Jahren zu erörtern, sammelten Aaron Satkoski und Clark Johnson, Professor der Geowissenschaften, in Südafrika Proben und verglichen Isotopen in zwei Arten des Gesteins Baryt. Es besteht aus kleinen Körnern, die aus Wasser ausfielen und auf dem Meeresgrund zusammengekittet wurden. Eine solide, kurzblättrige Form des Schwerspats hingegen bildete sich direkt auf dem Boden. Die Wissenschaftler schlossen daraus, dass TypI die damalige Ozeanchemie samt kontinentaler Einträge widerspiegle, während TypII einer Mischung aus Ozeanchemie und Hydrothermalen Lösungen entspricht.
Die Studie stützte sich auf präzise Isotopen-Messungen – Atome, die zwar chemisch identisch sind, sich in ihrer Masse aber unterscheiden. Terrestrisches Strontium weist so einen leicht höheren Anteil an Strontium-87 auf als marines. Das Ergebnis war nahezu unsichtbar, aber doch signifikant. Und: Es bestätigte die Theorie, dass die beiden Baryt-Typen unterschiedlichen Bildungsräumen entspringen. In anderen Worten: Vor 3,26 Milliarden Jahren existierte bereits eine beträchtliche Erosion.

„Man kann nur vermuten, wie viel der Erdoberfläche von Kontinenten bedeckt war, aber es könnten circa Zwei-Drittel der heutigen Landmasse gewesen sein. Frühere Schätzungen dagegen beinhalteten keinerlei Kontinente“ meint Johnson, der mit der Leitung des NASA Astrobiology Institutes an der Universität Wisconsin betraut ist. „Wir haben jetzt ein erweitertes Bild; die ganze Geschichte wird schlüssiger.“
Das Resultat deckt sich auch mit Klimadaten, da solch intensive Verwitterung auch durch einen Anstieg des CO2-Gehalts in der Atmosphäre („Saurer Regen“) hervorgerufen werden kann. Dass die Ozeane trotz schwacher Sonnenintensität nicht gefroren waren, spräche Satkoski zufolge dafür, dass weitaus mehr Treibhausgase in der Atmosphäre vorhanden waren als heute. Diese beiden Komponenten würden starke chemische Verwitterung ermöglichen.
Weiterhin würden die Funde auf Plattentektonik hinweisen, zu einer Zeit, zu der nach geologischem Verständnis tektonischer Stillstand erst die Bildung von Platten ermöglichte. Johnson: „Wir nähern uns einer Erklärung für die Entstehung des Lebens immer weiter an. Es scheint alles zusammenzupassen, auch wenn sich unser Bild von der Erde in den letzten 20 Jahren von Grund auf gewandelt hat.“
Quelle: University of Wisconsin-Madison (30.09.16)
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Pia Gaupels



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