Südchina ist eine der weltweit besten Fundstellen für Oviraptoriden; in den letzten 5 Jahren wurden alleine in der Region Ganzhou 5 Spezies dieser rehabilitierten “Eierdiebe” gefunden, die mit mit ihren extrem abgewandelten, vogelartigen Merkmalen zu den ungewöhnlichsten aller Theropoden zählen. Mit dem kürzlich von Lü und Kollegen beschriebenen Tongtianlong limosus gibt es jetzt ein sechstes Mitglied dieser Familie von dem spätkreidezeitlichen Fundort. Diese beachtliche Diversität bei den Oviraptorosauriern an einem Fundort dieser Zeit gibt zu denken, nahm doch die Artenvielfalt der meisten Tiergruppen in den letzten Millionen Jahren vor dem Ende der Kreidezeit ab.
Tongtianlong limosus ist anhand eines gut erhaltenen, dreidimensionalen Skeletts bekannt. Es fehlen lediglich Teile von Schwanz, den unteren Vorderbeinen und die rechte Hüfte samt Hinterbein. Das Tier dürfte eine Kopf-Rumpf-Länge von etwas über einem Meter gehabt haben, ob es sich um ein ausgewachsenes Exemplar oder ein Jungtier handelt ist allerdings unklar. Der Fundort in der Provinz Jiangxi ist Teil der Nanxiong-Formation aus dem Maastrichtium (Oberste Kreide vor 72 bis 66 Ma).
Aus der gleichen Formation kennt man bereits 6 andere Gattungen von Oviraptoriden, die alle jeweils nur durch eine einzige Spezies mit je einem einzigen Exemplar vertreten sind. Tongtianlong limosus lässt sich sowohl anhand einzigartiger anatomischer Merkmale als auch anhand phylogenetischer Analyse von ihnen abgrenzen. Unter anderem ist sein Schädeldach ungewöhnlich stark aufgewölbt und der Vorderrand der Prämaxilla (Zwischenkieferbein: bildet die Schnauzenspitze) ist stark konvex anstatt gerade.
Dennoch ist es insbesondere ohne histologische Daten oder große Individuenzahlen die zusammenhängende Wachstumsreihen ermöglichen könnten schwierig, eindeutig festzustellen, ob es sich tatsächlich um eigene Arten, oder doch möglicherweise bei manchen nur um Variationen ein und der selben Spezies handelt. Denkbar wäre, dass manche der Unterschiede Geschlechtsspezifisch, zufällig, oder insbesondere Wachstumsbedingt sein könnten, zumal die Taxa in Sachen Körpergröße zum Teil deutlich voneinander abweichen.
Bei manchen Ornithischiern, welche oft Schädelkämme aufweisen wie man sie auch bei Oviraptorosauriern findet, verändern sich aber insbesondere diese Ornamente während des Wachstums. Dass die Definitionen der südchinesischen Oviraptoridenspezies nicht auf der Morphologie der Kämme, sondern vor allem auf anderen Schädelmerkmalen (die auch für die Nahrungsaufnahme bedeutsam sind) basieren stützt die These der eigenständigen Spezies, was bedeuten würde, dass in der Obersten Oberkreide zumindest diese Gruppe der nicht-avialen Dinosaurier keineswegs einem langsamen Aussterben entgegenging.
Ob die Oviraptoriden von Südchina also tatsächlich ganz am Ende des Mesozoikums eine plötzliche Radiation durchlebten, und warum sie trotzdem ausstarben bleibt abzuwarten. In jedem Fall ist die Entdeckung eines derart gut erhaltenen Exemplars immer ein Erfolg.
Quelle:
Lü, Junchang, Rongjun Chen, Stephen L. Brusatte, Yangxiao Zhu, and Caizhi Shen. 2016. A Late Cretaceous diversification of Asian oviraptorid dinosaurs: evidence from a new species preserved in an unusual posture. Scientific Reports 6: 35780. doi:10.1038/srep35780.
http://www.nature.com/articles/srep35780
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Pia Gaupels
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