Ein Forscherteam sammelte im Jahr 2011 unter der Leitung von Vasilii Petrenko, Assistenzprofessor für Geo- und Umweltwissenschaften an der University of Rochester (New York), mehr als 900 Kilogramm an Eisbohrkernen in der Antarktis. Das Eis ist fast 12.000 Jahre alt und die Luft die darin eingeschlossen wurde, lieferte überraschende und neue Daten über Methanemissionen, die den politischen Entscheidungsträgern bei den Überlegungen, wie man die globale Erderwärmung aufhalten kann, helfen könnten.
In einem neuen Paper, welches in Nature veröffentlicht wurde, berichten die Forscher über zwei wichtige Befunde über das Methan, ein einflussreiches Treibhausgas:
Erstens stufen sie das Risiko, dass die zunehmende Erderwärmung weitere Emissionen von Methan aus riesigen natürlichen Speichern urzeitlichen Kohlenstoffs ankurbeln könnte, als gering ein.
Zweitens tragen Menschen wahrscheinlich mehr Methan durch die Nutzung und Gewinnung fossiler Brennstoffe in die Atmosphäre ein, als Wissenschaftler bisher annahmen.
Aus diesem Grund ist die Reduzierung der Methanemissionen aus fossilen Brennstoffen ein bedeutsamer Faktor, um die globale Erderwärmung abzuschwächen.
„Unsere Ergebnisse sind ein Hinweis darauf, dass anthropogen induzierte Methanemissionen aus fossilen Brennstoffen viel mehr zur Erderwärmung beitragen als bisher stets angenommen wurde. Das bedeutet, dass wir sogar einen viel größeren Einfluss haben, die globale Erderwärmung zu bekämpfen, indem wir die Emissionen des Methans aus dem Gebrauch fossiler Brennstoffe drosseln“, so Petrenko.
Die Atmosphäre enthält heutzutage sowohl Methan, das auf natürliche Art und Weise emittiert wurde – aus Feuchtgebieten, Buschbränden und Sickerstellen in (Meeres-)Böden – als auch Methan, das durch menschliche Aktivitäten freigesetzt wurde, z. B. durch die Nutzung und Gewinnung fossiler Brennstoffe, durch Viehzucht und der Errichtung von Deponien. Das anthropogen emittierte Methan macht mit rund 60 Prozent jedoch den größeren Anteil des emittierten Methans aus.
Wissenschaftler sind in der Lage, den Gesamtanteil des Methans in der Atmosphäre ganz exakt zu bestimmen und zu sagen, wie sich dieser Anteil über die letzten Dekaden verändert hat.
Die Herausforderung? Die Gesamtmenge in ihre Anteile je nach Quelle einteilen!
„Wir wissen eher wenig darüber, wieviel Methan aus welchen Quellen stammt und wie sich das in Bezug auf industrielle und landwirtschaftliche Aktivitäten oder durch klimatische Einflüsse, wie z.B. Dürren, geändert hat. Das macht es schwierig, zu entscheiden, welche Quelle wir ins Auge fassen sollen, um den Methangehalt in der Atmosphäre zu reduzieren“, sagt Hinrich Schaefer, Atmosphärenforscher am National Institute of Water and Atmospheric Research (NIWA) in Neuseeland, wo der Hauptteil der Probenanalyse stattfand.
Wissenschaftler machen sich die Messung der Methan-Isotope zunutze, um einige der Quellen zu identifizieren. Doch sogar dieser Versuch funktioniert nicht immer, da die Isotopensignaturen einiger Quellen sich sehr ähneln: Fossiles Methan, das aus altertümlichen Kohlenwasserstoff-Ablagerungen, die reich an fossilen Brennstoffen sind, emittiert wird, besitzt eine identische Isotopensignatur wie Methan, das anthropogen aus Bohrlöchern gefördert wird, um nur ein typisches Beispiel zu nennen. Aus diesem Grund ist es schwer zwischen anthropogenen und natürlichen Quellen zu unterscheiden und abzuschätzen, wieviel Methan durch anthropogene Einflüsse emittiert wird.
Als Teil des Fachbereichs für Geo- und Umweltwissenschaften und dem Zentrum für Energie und Umwelt der University of Rochester widmet sich Petrenkos Labor der Fragestellung wie sowohl natürliche als auch anthropogen emittierte Treibhausgase auf Klimaänderungen reagieren: Sie analysieren wie Klimaänderungen der Vergangenheit die Treibhausgase im Laufe der Zeit beeinflusst haben und wie diese Gase in der Zukunft auf steigende Temperaturen reagieren könnten.
Für die vorliegende Studie untersuchten Petrenko und sein Team mit Hilfe diverser Wissenschaftler von verschiedenen Laboratorien der USA und internationalen Einrichtungen atmosphärische Aufzeichnungen aus der Vergangenheit, indem sie Eisbohrkerne aus dem Taylor Gletscher (Antarktis) analysierten. Die genutzten Eisschichten sind fast 12.000 Jahre alt und enthalten zahlreiche Luftblasen, die wie winzige Zeitkapseln die Zusammensetzung der Atmosphäre konserviert haben.
Mit Hilfe von Vakuumpumpen und Schmelzkammern sind Forscher in der Lage, die Luft aus diesen Blasen zu extrahieren und die chemische Zusammensetzung zu untersuchen.
Bis zur industriellen Revolution im 18. Jahrhundert haben Menschen keine fossilen Brennstoffe als primäre Energiequelle genutzt. Aus diesem Grund enthalten die 12.000 Jahre alten Eisbohrkerne kein fossiles Methan das durch anthropogene Aktivität freigesetzt wurde, sondern ausschließlich Methan aus natürlichen Emissionen. Diese natürlichen Emissionen sollten vergleichbar sein zu dem natürlichen Methanemissionen heutiger Zeit, daher ermöglicht die Analyse der Eisbohrkerne die natürlichen und unbeeinflussten Methangehalte der Atmosphäre zu untersuchen.
„In die Zeit vor menschlichen Aktivitäten – vor allem aber vor der Zeit der industriellen Revolution – zurückzugehen, vereinfacht das Bild und erlaubt uns die natürlichen geologischen Methanquellen ganz genau zu beurteilen“, so Petrenko.
Die natürlichen, geologischen Methanlevel, die die Wissenschaftler gemessen haben, waren drei- bis viermal geringer als vorher abgeschätzt. Wenn die natürlichen Methanlevel niedriger sind als zuvor geschätzt, bedeutet dies folglich, dass die anthropogen emittierten Gehalte des fossilen Methans höher sein müssen als erwartet: Um bis zu 25 Prozent höher als vermutet wurde, wenn nicht sogar noch höher, glaubt Petrenko.
Außerdem liefert die Studie somit einen wichtigen Hinweis dafür, dass auch das Risiko, das von Methan, das auf natürliche Art und Weise aus altertümlichen Kohlenstoffreservoirs entweicht, ausgeht, wesentlich geringer ausfällt als früher angenommen wurde. Wissenschaftler hatten die Möglichkeit aufgeworfen, dass durch globale Erwärmung Methan aus sehr großen Kohlenstoffreservoirs, wie z.B. Permafrost und Gashydrate, entweichen könnte, durch weitere Nutzung fossiler Brennstoffe wird mehr und mehr Methan freigesetzt, was dann wiederum zu einer stärkeren Erderwärmung führt und Gashydrate, die in Sedimenten am Meeresboden gespeichert sind, instabil werden lässt.
Petrenko erklärt: „Die Analyse der Luft, die in den Eisbohrkernen eingeschlossen ist, enthüllt, dass diese Art von Szenario bezüglich der natürlichen Methanemissionen für die Zukunftsplanung nicht ganz so wichtig zu nehmen ist. Im Gegensatz dazu sind die Emissionen des Methans durch menschlichen Einfluss noch viel höher als wie befürchtet haben, daher hat es wesentlich mehr Einfluss diese Emissionsmengen zu reduzieren, um die globale Erwärmung abzumildern.“
Quelle:
off. Pn der Universität Rochester
Veröffentlichung:
Petrenko, V. et al. : Minimal geological methane emissions during the Younger Dryas–Preboreal abrupt warming event. Nature, 2017; 548 (7668): 443 DOI: 10.1038/nature23316
Pia Gaupels
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