Im Nördlinger Ries, vor etwa 15 Millionen Jahren durch den Einschlag eines Asteroiden entstanden und einer der am besten erhaltenen Einschlagskrater auf der Erde, wurde ein bisher unbekanntes Mineral entdeckt, das den Namen „Riesit“ tragen wird. Die Geschichte seiner Entdeckung ist das Ergebnis einer internationalen Kooperation von Wissenschaftlern aus den USA und Deutschland, die in Las Vegas, in Heidelberg und am Museum für Naturkunde Berlin arbeiten.
Die Entdeckung eines neuen Hochdruckminerals im Ries, welches im Januar 2017 von der Internationalen Mineralogischen Assoziation (IMA) auf Vorschlag der Entdecker Prof. Oliver Tschauner (Las Vegas) und Prof. Chi Ma (Pasadena) den offiziellen Namen Riesit erhielt, ist einer neuen Analysentechnik zu verdanken, bei der die häufig benutzten Lichtstrahlen (optische Mikroskopie) oder Elektronenstrahlen (Elektronenmikroskopie) durch die sog. Synchrotron-Strahlung ersetzt wurden. PD Dr. Volker Stähle (Heidelberg) und Prof. Dieter Stöffler (Berlin) stellten geeignete Gesteinsproben den US-Kollegen zur Verfügung.

Riesit kommt in Form von winzigen Kristallen in Schmelzadern von Gesteinen vor, die durch extrem hohe Drucke und durch Temperaturen von mehr als 1500 °C beansprucht wurden. Das Mineral Riesit ist chemisch gesehen eine spezielle Kristallform von Titandioxid (TiO2). Titandioxid kommt als Rutil in geringer Menge in vielen irdischen Gesteinen vor, also auch in den Grundgebirgsgesteinen des Nördlinger Rieses, die in mehr als 600 Metern Tiefe durch den Asteroideneinschlag extrem hohen Drucken und Temperaturen ausgesetzt und an die Oberfläche geschleudert wurden. Die Umwandlung von Rutil in Riesit ist relativ kompliziert, weil sich Rutil zunächst unter der hohen Druck- und Temperaturbelastung in ein anderes Hochdruckmineral umwandelt, das den Namen Akaogiit trägt. Erst bei der Druckentlastung entsteht dann aus dem Akaogiit das Mineral Riesit.
Die oberste Schicht des Kraterauswurfs im Nördlinger Ries ist ein als Suevit bezeichnetes Gestein. Suevit wurde schon von den Römern und vor allem seit dem Mittelalter als Baustein im Nördlinger Ries und in anderen Regionen Deutschlands – im 19. Jahrhundert sogar in Berlin und Leipzig – verwendet, nicht zuletzt beim Bau der St. Georgskirche in Nördlingen. An deren Mauern sind die Gesteinseinschlüsse zu sehen, die außer Riesit zahlreiche andere Hochdruckminerale enthalten. Im Suevit des Rieses findet sich die größte Zahl von Hochdruckmineralen unter allen bekannten 190 Impaktkratern der Erde. Es handelt sich dabei um insgesamt 10 verschiedene Minerale, darunter auch Diamant.
Quelle: Museum für Naturkunde Berlin

Pia Gaupels



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