Neuer Baby-Raptor aus Alaska

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Die Dinosaurier existierten überall, von den Tropen bis in die Polarregionen. Dennoch sind vor allem Theropodenfunde in der arktischen Prince-Creek-Formation (Alaska, USA) eine Seltenheit. Nun beschrieben Forscher einen partiellen Unterkiefer eines Dromaeosauriden aus der oberen Kreidezeit von dort. Der Fund gibt Aufschluss über das Verhalten von Dinosauriern in den Polarregionen und über die Evolutionsgeschichte der Dromaeosaurier.

Die Prince-Creek-Formation ist Teil der Kreidezeit von Alaska. Alle in ihr gefundenen Dinosaurier stammen aus dem Maastrichtium von vor 70-68,5 Millionen Jahren. Sie verfügt über die größte Sammlung polarer Dinosaurierfossilien weltweit, wobei Herbivoren hierbei klar dominieren.

Die kleinen vogelähnlichen Dromaeosaurier sind, obwohl sie lange aus Alaska durch Zahnfossilien bekannt waren, stark unterrepräsentiert. Aufgrund der geringen Körpergröße und hoch fragilen Knochen dieser Gruppe ist dies wenig überraschend. Daher ist es umso bedeutender, dass nun ein partiell erhaltener Unterkiefer eines Dromaeosauriden der Unterfamilie Saurornitholestinae beschrieben wurde.

Der Unterkiefer trägt die Katalognummer DMNH 21183 und beinhaltet zwei ziphodonte Zähne. Die Zuordnung zur Unterfamilie Saurornitholestinae erfolgte auf Basis der Zahnform und Kiefermorphologie. Die faserige Knochenstruktur impliziert, dass der Unterkiefer zu einem juvenilen Individuum gehörte, welches, der Zahngröße nach zu urteilen, sehr klein war.

Lange Zeit wurde angenommen, dass die Prince-Creek-Formation keine permanente Dinosaurier-Population beherbergte, sondern als Migrationsroute für Theropoden, Hadrosaurier und Ceratopsier zwischen Asien und Nordamerika diente. Die geringe Körpergröße von DMNH 21183 lässt jedoch darauf schließen, dass Dromaeosaurier in den Polarregionen brüteten und nicht dafür in den Süden zogen. Für eine lange Wanderung fehlten einem derart kleinen Individuum die biomechanischen Voraussetzungen, wie Vergleiche mit heutigen Tieren zeigen.

Dies ist der erste Beweis dafür, dass vor 70 Millionen Jahren einige Dromaeosauriden in der Gegend nisteten. Um den Strapazen der Migration standzuhalten, muss ein modernes Karibu mindestens 80 Prozent seiner Erwachsenenlänge haben. Ausgewachsene Dromaeosauriden reichten von zwei bis drei Metern Körperlänge. Dieses Baby hätte die Größe eines kleinen Welpen gehabt; viel zu jung, um zu migrieren.

Sagte Ko-Autor des Papers Anthony Fiorillo (frei übersetzt).

Aufgrund des spärlichen Materials ist nicht klar, ob DMNH 21183 eine neue Art darstellt oder nicht. Es wird erwartet, dass zukünftige Funde mehr Aufschluss über die Dromaeosauriden der Arktis liefern und, ob es sich beim Unterkiefer um eine neue Art handelt. Aktuell wird das Exemplar jedoch als naher Verwandter des Saurornitholestes angesehen.

Dromaeosauriden Fossilien aus Asien und Nordamerika sind bereits lange bekannt und es wird vermutet, dass sie sich von einem gemeinsamen Ursprungsort (vermutlich in Asien) aus über die Beringstraße in beide Kontinente verteilten. Die Existenz von DMNH 21183 in Alaska schließt folglich eine wichtige biogeographische Lücke.

DMNH 21183 wurde an einer Bank des Colville Rivers entdeckt. Zur Kreidezeit war diese Umgebung wahrscheinlich ein offener Nadelwald mit einem Unterwuchs aus Farnen und Bedecktsamern. Zu seinen Bewohnern gehörten der Hadrosaurier Edmontosaurus, der Ceratopsia Pachyrhinosaurus, der Tyrannosaurier Nanuqsaurus, eine weitere unidentifizierte Dromaeosauriden-Gattung, die wahrscheinlich nicht mit DMNH 21183 identisch ist, und kleine Säugetiere wie Unnuakomys oder Cimolodon.

Literatur: Drumheller SK, McHugh JB, Kane M, Riedel A, D’Amore DC (2020) High frequencies of theropod bite marks provide evidence for feeding, scavenging, and possible cannibalism in a stressed Late Jurassic ecosystem. PLoS ONE 15(5): e0233115. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0233115

Interviewaussagen: http://www.fossilguy.com/news/alaskan-raptor-7-8-20/index.htm

Titelbild: ©Andrey Atuchin

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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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