Erdbeben von Pohang durch geothermische Bohrungen ausgelöst

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Keine natürliche Ursache: Studien internationaler Forschungsteams bestätigen Geothermie-Bohrungen des ‘Pohang EGS’-Projektes als Auslöser für Südkoreas zweitstärkstes Erdbeben.

Am 15. November 2017 wurde die Region um die Stadt Pohang im Südosten der koreanischen Halbinsel von einem Erdbeben der Stärke 5,5 auf der Richterskala heimgesucht. Das Erdbeben ist das zweitschwerste Beben Südkoreas seit der Einführung der Erdbebenbeobachtung im Jahr 1978 und führte aufgrund der relativ geringen Tiefe des Hypozentrums von 9 Kilometer zu erheblichen Sachschäden im gesamten Stadtgebiet. Dabei wurden 135 Menschen verletzt und mehr als 57.000 Gebäude beschädigt; circa 1700 Häuser mussten dabei aufgrund irreparabler Schäden nachträglich abgerissen werden. Schätzungen zufolge beläuft sich der Gesamtschaden auf umgerechnet etwa 266 Millionen Euro.

Schon kurz nach der Katastrophe wurden Stimmen innerhalb der Bevölkerung laut, dass die Erschütterung keines rein natürlichen Ursprungs ist, da die Region um Pohang Seismologen zufolge nur eine geringe seismische Aktivität aufweist. Nun konnte ein schweizer Forscherteam um Francesco Grigoli von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, sowie koreanische Seismologen um Kwang-Hee Kim von der Pusan National University in Busan im Rahmen zweier unabhängiger Studien einen direkten Zusammenhang zwischen dem Pohang-Erdbeben und den geothermischen Bohrungen des „Pohang-EGS“-Projektes in unmittelbarer Nähe der Großstadt bestätigen.

Die Ursache des Bebens sei eine geologische Störung, also eine strukturelle Bruchfläche im vorherrschenden Gestein, welche direkt unter dem Geothermiekraftwerk Pohang verläuft. Auffällig ist demnach, dass die Epizentren des Haupterdbebens, sowie zahlreicher, kleiner Vor- und Nachbeben in unmittelbarer Nähe von verschiedenen Bohrlöchern lägen. Dort war im Januar 2016 damit begonnen worden, kaltes Wasser im Rahmen des EGS-Verfahrens in 4 Kilometer tiefes Gestein zu pressen. Da das heiße Gestein in dieser Tiefe allerdings kaum Grundwasser führt, sollte das Wasser, welches unter Hochdruck in den Untergrund gepresst wird, Risse im Gestein erzeugen und somit ein großflächiges, unterirdisches Wasserreservoir angelegt werden, dass als sogenanntes ‚Enhanced Geothermal System‘ (EGS), also als ein Wärmetauscher dienen soll. Auf diese Weise kann ein Wasserfluss im heißen Tiefengestein begünstigt werden. In einem nahegelegenen, weiteren Bohrloch wird das Wasser, welches im weiteren Verlauf des Prozesses durch Erdwärme erwärmt wird, nach oben gepumpt und zur Energiegewinnung genutzt. Die hohen Druckeinlagerungen von bis zu 900 Bar, sowie die hohe Wassermenge pro Pumpvorgang begünstigen die Bildung von geologischen Störungen und somit auch das Auslösen von Erdbeben.

Übersicht aller Nachbeben der Region Pohang.

Das Forscherteam um Kim hatte nach einem vorangegangenen Erdbeben im April 2017 acht temporäre, seismische Messstationen in der Gegend um Pohang errichtet. Die seitdem gemessenen Daten von rund 150 schwachen Erdbeben weisen sehr deutlich auf die Umgebung des Geothermiekraftwerks als Erdbebenherd hin und konnten einen zeitlichen Zusammenhang mit der Stimulation des Tiefengesteins durch das Hineinpressen von Wasser feststellen. Somit habe es vor der Errichtung des Geothermiekraftwerks so gut wie keine Erdbeben in der Region gegeben. Die Behörden Pohangs beendeten infolgedessen das Pilotvorhaben, das nach dem Beben ausgesetzt wurde, endgültig. Ob es einen weiteren Versuch der geothermischen Energiegewinnung in Südkorea geben wird, ist derzeit offen.

In Hinblick auf die Spannungszustände des Gesteins in unmittelbarer Nähe der Bohrlöcher, prüft die koreanische Regierung derzeit im Rahmen einer neuen Untersuchung die Ergebnisse der zwei veröffentlichten Studien. Sollte sich der Verdacht eines Zusammenhanges erhärten, wäre es das stärkste Beben, das jemals mit Geothermie in Verbindung gebracht wurde. Dies könne laut Grigoli die Bedingungen für zukünftige, geothermische Bohrungsprozesse weltweit deutlich beeinflussen.

Quellen:

Kim, K.-H. et al. (2018): Assessing whether the 2017 Mw 5.4 Pohang earthquake in South Korea was an induced event. Science, 01.06.2018.
https://science.sciencemag.org/content/360/6392/1007

Grigoli, F. et al. (2018): The November 2017 Mw 5.5 Pohang earthquake: A possible case of induced seismicity in South Korea. Science, 01.06.2018. https://science.sciencemag.org/content/360/6392/1003

Bildquellen:

Durch das Erdbeben beschädigte Fahrzeuge in der Stadt Pohang. https://en.wikipedia.org/wiki/2017_Pohang_earthquake#/media/File:2017_Pohang_earthquake_car_damage.jpg

Übersicht aller Nachbeben der Region Pohang.
https://en.wikipedia.org/wiki/2017_Pohang_earthquake#/media/File:2017_Pohang_earthquake.svg

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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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