Der Nordpol des Mars als Klimaarchiv

Share Button

Spiralarme und Taleinschnitte um den Nordpol des Mars. ESA/DLR/FU Berlin

Anfang 2017 ist es Winter in der Nordhemisphäre des Mars. Ein neu erstelltes Farbmosaik zeigt das ungewöhnliche, fast perfekt symmetrische Muster der elfhundert Kilometer durchmessenden Nordpoleiskappe des Mars. Die Untersuchung der Nordpolkappe soll dazu beitragen, mehr über die Entwicklung des Klimas unseres Nachbarplaneten zu erfahren. Das Farbmosaik besteht aus 32 Aufnahmestreifen, die bei ebenso vielen Überflügen der ESA-Raumsonde Mars Express mit der High Resolution Stereo Camera (HRSC) aufgenommen wurden. Das HRSC-Kameraexperiment wird seit nunmehr 13 Jahren vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betrieben.

 

 

Mit seinen spiralförmigen, wie Sicheln gebogenen “Eisarmen” hat die Eiskappe des Mars ein ganz anderes Aussehen als die polaren Eiskappen der Erde. Die Wechsellagerung von Eis- und Staubschichten rührt vermutlich von Winden her, die Staub mit sich führen und diesen in jahreszeitlichem Rhythmus ablagern. Die permanente Eiskappe hat einen Durchmesser von etwa 1100 Kilometern und ist stellenweise über zwei Kilometer dick. Die Gesamtmasse ist in etwa mit der des grönländischen Eisschilds vergleichbar. Es sind fast keine Einschlagskrater zu sehen, was zeigt, dass die Polkappe in dieser Ausprägung noch nicht sehr alt ist. (c) ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO

Die Nordpolkappe besteht aus einem Gemisch aus Wassereis und Eis aus Kohlendioxid, dem Hauptbestandteil der Marsatmosphäre. In das Kohlendioxid-Eis wurde durch die Marswinde auch Staub eingebracht, wodurch die spektakulären Farbwechsel zu erklären. Die Eiskappe bedeckt permanent eine Fläche von etwa einer Million Quadratkilometern und dehnt sich vom Nordpol nach Süden bis zum 80. Breitengrad aus. Damit ist sie etwa ein Viertel so groß wie die Sommereiskappe am Nordpol der Erde. Entdeckt wurde die markante Eiskappe des Mars 1672 vom holländischen Astronomen Christiaan Huygens. Bereits 1681 beobachtete Friedrich Wilhelm Herschel, dass sich beide Polkappen im Laufe der Mars-Jahreszeiten verändern.

 

Bei Temperaturen von unter minus 125 Grad “schneit” es Trockeneis

Das Volumen der Nordpoleiskappe wird auf 1,2 Millionen Kubikkilometer geschätzt. Das ist ungefähr die Hälfte der Masse der Grönlandeiskappe der Erde. Im Schnitt ist die Eiskappe etwa zwei Kilometer mächtig. Im Marswinter, der wegen der zweijährigen Umlaufzeit des Planeten doppelt so lange dauert wie auf der Erde und wegen der schräg stehenden Drehachse mit einer langen Polarnacht einhergeht, fallen die Temperaturen auf Werte von unter minus 125 Grad Celsius.

 

Dabei kondensiert ein beträchtlicher Teil aus der dünnen Marsatmosphäre des Kohlendioxids zu Eis (Schätzungen gehen von bis zu einem Drittel aus), kristallisiert in der Atmosphäre und rieselt dann auf die Oberfläche. Dadurch wächst die Wintereiskappe bis zum 68. Breitengrad an. Die zusätzliche Eisdecke ist allerdings nur einen oder zwei Meter dick. Beim Einsetzen des Frühlings sublimiert sie rasch – geht also vom festen direkt in den gasförmigen Zustand über. Durch die großen Temperaturunterschiede zwischen polaren und gemäßigten Breiten entwickeln sich auf dem Mars Stürme mit Geschwindigkeiten von bis zu 400 Kilometern pro Stunde.

Schluchten am Nordpol ermöglichen Untersuchung der Klimageschichte

Zu den charakteristischen Merkmalen der Nordpolkappe gehören dunkle Furchen, die sich spiralförmig entgegen des Uhrzeigersinns vom Polzentrum nach außen winden. Chasma Boreale, die “nördliche Schlucht”, ist ein besonders auffälliger, bis zu zwei Kilometer tiefer Einschnitt bei zirka 300 Grad Ost, mit einer Länge von 500 Kilometern und einer Breite von bis zu 100 Kilometern. An den steilen Abhängen sind Schichtungen zu sehen, die, ähnlich Baumringen, den jahreszeitlichen Wechsel von Eisablagerung und Staubbedeckung durch die Marsstürme widerspiegeln. Von der Untersuchung dieser Schichtprofile erhoffen sich die Wissenschaftler Aufschlüsse über die Entwicklung des Marsklimas. Warum Chasma Boreale von den Kräften der Erosion gerade an dieser Stelle in die Eiskappe des Nordpols eingeschnitten wurde, ist nicht klar. Möglicherweise sind vorherrschende Windrichtungen die Ursache oder die Schlucht ist durch ein gigantisches Ausflussereignis eines Sees unterhalb der Eiskappe entstanden.

 

Topographische Übersichtskarte des Mars-Nordpols: Wie eine Spirale windet sich die nördliche Eiskappe des Mars, auch Planum Boreale genannt, um den Nordpol des Roten Planeten. Der achteckige, gelbe Umriss markiert das Gebiet, das auf den veröffentlichten Bildern zu sehen ist. Das weiß umrissene Gebiet zeigt den Umfang des gesamten, aus 32 HRSC-Bildstreifen zusammengesetzten Mosaiks. Mit Olympia Undae wird ein hügeliges Gebiet bezeichnet, in dem sich ausgedehnte Dünenfelder (Undae = lat. für Wellen) einer polaren Sandwüste befinden. Anhand der Farbskale lässt sich gut erkennen, dass sich das Eis tatsächlich wie eine “Kappe” stellenweise mehr als zwei Kilometer über die Umgebung wölbt. (c) NASA/JPL/MOLA; FU Berlin

 

Die dreidimensionale Struktur der gesamten Nordpoleiskappe wurde unter anderem mit dem MARSIS-Radarexperiment auf Mars Express sowie mit dem SHARAD-Radar auf dem Mars Reconnaissance Orbiter der NASA untersucht. Sie haben gezeigt, dass die gesamte Eiskappe aus vielen einzelnen Eis- und Staublagen aufgebaut ist. Die geschichteten Nordpolablagerungen bilden ein wertvolles Archiv für das Marsklima der letzten Millionen Jahre. Einige Radardaten legen nahe, dass die spiralförmigen Einschnitte und Furchen durch Windtransport von Staub, der hier abgelagert wurde, geschaffen wurden.

 

 

Quelle: off. PM DLR

The following two tabs change content below.

Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert