Der Marmorkuchen-Aufbau des Erdmantels

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Das Basaltgestein entlang von mittelozeanischen Rücken (MORB = mid ocean ridge basalt), wie er z.B. zwischen Europa und Nordamerika vorkommt, besteht größtenteils aus verarmter Mantelschmelze („depleted“ MORB bzw. D-MORB). Darunter versteht man, dass die Gesteinsschmelze, aus der ein magmatisches Gestein (z.B. Basalt) durch Abkühlung und anschließender Kristallisation entsteht, ein geringeres relatives Verhältnis von inkompatiblen Elementen (z.B. Kalium (K), Zirkonium (Zr) oder Neodymium (Nd)) hatte. Dieses Verhältnis findet man auch in den Basalten wieder. Allerdings entdeckt man entlang dieser mittelozeanischen Plattengrenzen zunehmend Basalte, die diese Abreicherung nicht zeigen und somit angereichert („einriched“ MORB bzw. E-MORB) sind. Die Zusammensetzung dieser Gesteine gleichen hinsichtlich dem Verhältnis der inkompatiblen Elemente den Basalten aus intraplatten Vulkanen, wie z.B. des Mauna Kea auf Hawai. Den Wissenschaftlern des National High Magnetic Field Laboratory and Department of Earth, Ocean and Atmospheric Science der Florida State University können nun an Hand der Verteilung z.B. des Germanium (Ge) zu Silizium (Si) Verhältnisses sagen, ob es sich bei der Quelle für die Anreicherung des E-MORBs um Gesteinsschmelzen einer ehemalige Kruste oder einer primitiver Mantelschmelzen handelt.

Prinzipiell ist Basaltgestein an mittelozeanischen Rücken (MORB = mid ocean ridge basalt) meist verarmt an inkompatiblen Elementen. Man spricht von „depleted“ MORBs (D-MORBs) oder verarmten MORBs. Inkompatible Elemente sind jene Elemente, die sich auf Grund ihrer chemischen Eigenschaften (großer Ionenradius, hohe Ionenladung) nur schwer in Minerale des Erdmantels einbauen lassen und tendenziell somit in der partiellen Gesteinsschmelze verweilen, bis diese schließlich an den mittelozeanischen Rücken auskristallisiert. Allerdings gibt es entlang von diesen konstruktiven Plattenrändern häufiger als ursprünglich vermutet angereicherte MORBs („enriched“ MORBs oder E-MORBs). Solche E-MORBs kannte man bisher in erster Linie von lokalem Hotspot-Vulkanismus, im Zusammenhang mit Mantel-Plumes bzw. Manteldiapieren. Darunter versteht man eine aufsteigende Gesteinsschmelze, die durch den Prozess der Mantelkonvektion aus dem tieferen Erdmantel in die obere Kruste transportiert wird. Diese Schmelze ist angereichert mit inkompatiblen Elementen und im Vergleich zu ihrem Umgebungsgestein heißer. Daher hat sie eine geringere Dichte und steigt langsam auf. Man kann sich das beispielsweise mit der Konvektion in einer handelsüblichen Lavalampe vorstellen. Ist ein solcher Manteldiapier durch den oberen Mantel in die Erdkruste (Asthenosphäre + Lithosphäre) – häufig: ozeanische Kruste – gedrungen, entsteht ein Intraplattenvulkan (ein Vulkan innerhalb einer tektonischen Platte) mit darunter liegendem Hotspot. Man spricht von Hotspot-Magmatismus, wie er sich z.B. entlang des Hawai-Archipels in Form der Hawai-Emperor-Seamount-Kette erstreckt. Die dort entstehenden Basaltgesteine (OIB = ocean island basalt) sind in der Regel relativ angereichert an inkompatiblen Elementen, weshalb man sie als E-MORBs von den D-MORBs unterscheidet. Mittlerweile kennt man allerdings einige Beispiele von MORBs, die ein erhöhtes Verhältnis von inkompatiblen Elementen aufweisen, obwohl sie weit entfernt von Manteldiapieren vorkommen. Beispiele hierfür sind der Mittel-Atlantische Rücken (MAR) südlich von S15°20‘, die Siqueiros Fracture Zone (East pazific rise = EPR) und der Endeavour Ridge (EPR). Gesteinsgläser der zuvor genannten Beispiele wurden für diese Studie untersucht und mit bestehenden Basaltgesteinen, hauptsächlich MORBs, verglichen.

Für die Entstehung dieser E-MORBs, die fern von einem Manteldiapier entstehen, gibt es zwei Hypothesen, die diese erklären zu versuchen. Einerseits könnte das partielle Aufschmelzen von subduzierten und recycelten MORB oder OIB unterhalb eines mittelozeanischen Rückens die Anreicherung an inkompatiblen Elementen erklären. Dadurch gelangen große Mengen an Pyroxenit (ultramafisches (= geringer Silizium-Gehalt) magmatisches Mantelgestein mit erhöhtem Klino- und Orthopyroxen Gehalt) in den Erdmantel, dessen partielles Aufschmelzen die chemische Anomalie erklären könnte. Andererseits könnte das partielle Aufschmelzen von verarmten Peridotit (ultramafisches (= geringer Silizium-Gehalt) magmatisches Mantelgestein mit erhöhtem Olivin Gehalt) für die charakteristische Signatur an inkompatiblen Elementen der E-MORBs verantwortlich sein. Durch das niedergradige partielle Aufschmelzen von subduzierter kontinentaler Kruste (slabs), werden aufsteigende Basaltschmelzen wieder-angereichert (refertilization). Wissenschaftler des National High Magnetic Field Laboratory and Department of Earth, Ocean and Atmospheric Science der Florida State University haben nun eine Möglichkeit gefunden, wie man den Entstehungsprozess dieser E-MORBs genauer untersuchen kann.

Subduzierte ozeanische Kruste gelangt teilweise in die basaltische Schmelze entlang von mittelozeanischen Rücken
(https://nationalmaglab.org/images/news_events/news/2020/june/june26_PlateTectonics.gif;
Animation by Stephen Bilenky and Caroline McNiel)

Für die Wissenschaftler von Bedeutung sind Spurenelemente der ersten Reihe der Übergangsmetalle des Periodensystems (Scandium (Sc) bis Zink (Zn)), sowie Gallium (Ga) und Germanium (Ge). Zusammengefasst werden sie als die ScGe Elemente bezeichnet. Außerdem von Bedeutung für die Studie sind Elemente wie Zirkonium (Zr), Niob (Nb), Hafnium (Hf), Tantal (Ta), Blei (Pb) und vereinzelt REEs (rare earth elements = Seltenerdmetalle). Obwohl beim partiellen Aufschmelzen von Mantelgesteinen tendenziell inkompatible Elemente bevorzugt in die Schmelze gelangen, bleibt das ursprüngliche Verhältnis z.B. Germanium zu Silizium (Ge/Si) in der Schmelze erhalten. Deshalb kann man Rückschlüsse auf das Ausgangsgestein, dessen partielles Aufschmelzen für die Anreicherung der inkompatiblen Elemente verantwortlich ist, ziehen.

Elemente wie Scandium (Sc) und Mangan (Mn) werden bevorzugt in Granat, ein häufiges Mineral in Pyroxenit, eingebaut. Ein relativ geringer Wert von Scandium (Sc) und ein erhöhter relativer Wert von Eisen zu Mangan (Fe/Mn) würden für das partielle Aufschmelzen von Granat-haltigen Pyroxenit, der für die Anreicherung der inkompatiblen Elemente der MORBs verantwortlich war, sprechen.

Ausschlaggebend war das Verhältnis von Germanium zu Silizium. Das Ergebnis der Wissenschaftler zeigt, dass die 500 Basaltproben von 30 unterschiedlichen getesteten Mittelozeanischen Rücken ein relativ geringeres Ge/Si Verhältnis aufweisen, als verarmte MORBs (D-MORBS). Daraus kann man schließen, dass die Quelle für die Anreicherung der getesteten E-MORBS ozeanische Kruste, respektive Schmelzen von Pyroxenit-haltigem Gestein war. Das Ge/Si Verhältnis dient als „Fingerprint“, also als Fingerabdruck, um die Herkunft der beteiligten Schmelzen, die beim Entstehungsprozess der Basalte beteiligt waren, zu rekonstruieren.
Zusammenfassend spricht die durchgeführte Studie der Wissenschaftler der Florida State University für das „Marble-Cake“ Modell bzw. des „Marmorkuchen“-Aufbaus des Mantels. Der Erdmantel wird stellenweise von ehemaligen Krustenteilen durchzogen. Der Gesteinschemismus dieser subduzierten Plattenfragmente kann an Hand der partiellen Schmelzen der unmittelbar darüber liegenden Basalte an mittelozeanischen Rücken abgelesen werden. Man schätzt, dass der Erdmantel aus 5 – 6% ehemaliger, recycelter Erdkruste besteht und dass die Entstehungsgeschwindigkeit des Basalts an mittelozeanischen Rücken in der zurückliegenden Erdgeschichte nicht wesentlich anders war als heute.

Veröffentlichung: Shuying Yang, Munir Humayun and Vincent J. M. Salters (2020): Elemental constraints on the amount of recycled crust in the generation of mid-oceanic ridge basalts (MORBs). Science Advances; DOI: 10.1126/sciadv.aba2923

Quelle: off. PM der National High Magnetic Field Laboratory and Department of Earth, Ocean and Atmospheric Science, Florida State University

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Pia Gaupels

Gründerin bei GeoHorizon
Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

Über Pia Gaupels

Pia Gaupels, *86, Bibliotheksinformationsstudium an der TH Köln von 2007-2010. Studiert seit 2014 an der Universität Münster Geowissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf Planetare Geologie und Geoinformationswissenschaften. 2015 gründete Sie die Seite Geohorizon. Sie besitzt ausgeprägte Fähigkeiten in der Bild- und Videobearbeitung und arbeitet seit 2018 wieder als Bibliothekarin.

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